Schwarze Löcher


Wie aus viel Masse ein Loch wird

Wenn es auch schwer fällt, kann man sich doch noch in etwa vorstellen, wie ein Stern an seinem Entwicklungsende zu einem Weißen Zwerg oder gar Neutronenstern umgewandelt wird. Wie es zu diesen Endstadien kommt, sahen wir in den vorausgehenden Kapiteln. Sicher ist es keine leichte Aufgabe, sich von den ungeheuren Materiedichten dieser Objekte ein "Bild" zu machen. Oder können Sie sich etwa vergegenwärtigen, einen Teelöffel voll Materie in der Hand zu halten, der ein Gewicht von einer Milliarde Tonnen hat?

Ungleich schwerer ist es sich auszumalen, was beim Kollaps eines viele Sonnenmassen schweren Sterns passiert. Unsere Sonne ist mit ihrer Masse von rund 2 x 1030 [kg] ein wirkliches Leichtgewicht, wenn auch

2 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 Kilogramm

eine beeindruckende Größe darstellen. Sie ist mit einem Durchmesser von 1,5 Millionen [km] auch nur ein Zwerg unter den Sternen und kann aufgrund dieser Zahlen nie zu einem Schwarzen Loch kollabieren. Hierzu bedarf es einer viel größeren Materiemenge, sagen wir ein Stern von mindestens rund 40 Sonnenmassen Ausgangsmasse (eine exakte Grenze, die darüber entscheidet, ob aus dem Stern ein Schwarzes Loch oder ein Neutronenstern entsteht, kann nicht angegeben werden). Sterne können durchaus auch eine 100fache Sonnenmasse erreichen und so leicht auf Durchmesser von deutlich über 1 Milliarde [km] verweisen.

Und nun dürfen Sie sich einmal vorstellen, wie eine derart gewaltige Gaskugel in sich selbst zusammen bricht und am Ende einen Durchmesser von - Null - hat!


Wie aber kann nun überhaupt aus einem Stern ein Schwarzes Loch entstehen? Im Zentrum eines Sterns (später auch in Schalen um den Kern) werden chemische Elemente durch Kernfusionsprozesse zu höheren Elementen verschmolzen, wobei Energie (Strahlung) freigesetzt wird. Der Strahlungsdruck und vor allem der Druck des extrem heißen Gases setzt der nach innen gerichteten Gravitation eine gleichstarke Kraft entgegen. Solange Fusionen ablaufen können, befindet sich der Stern in einem hydrostatischen Gleichgewichtszustand. Hydrostatisch deshalb, weil sich Gase, die wie in einem Stern unter hohem Druck stehen, ähnlich wie Flüssigkeiten verhalten. Irgendwann aber ist alles an Kernbrennmaterial verbraucht und es wird keine Energie mehr freigesetzt. Dieser Fall tritt spätestens dann ein, wenn das Zentrum aus einer riesigen Eisenkugel (das Eisen ist unter diesen Bedingungen gasförmig!) besteht, denn Eisen kann nicht weiter zu höheren Elementen fusioniert werden. Das Innere des Glutballs kühlt ab und damit lässt der Gegendruck nach. Die Folge davon ist, dass sich der Stern unter seiner eigenen Last zusammenzieht.

Ist der Stern bis zu 1,4 Sonnenmassen schwer, stoppen die Fusionen bereits, wenn aus dem Wasserstoff im Zentrum zunächst Helium, dann Kohlenstoff und Sauerstoff entstanden sind. Unter seinem eigenen Gewicht kontrahiert der Stern immer weiter. Die Temperatur im Innern steigt dadurch zwar weiter an, sie genügt jedoch nicht, um weitere Fusionen zu zünden. Bei Erreichen von etwa Erdgröße entarten die Elektronen, der so gebildete neue Druck stabilisiert den jetzt entstandenen Weißen Zwerg.

Zwischen 1,4 und etwa 2 Sonnenmassen schweren Restkernen, die nun bis hin zum Eisen fusioniert sind, führt die Energiekrise des Sterns zu noch kompakteren Körpern. Die Gravitation wird übermächtig und presst die Materie derart zusammen, dass sogar die Elektronen mit den Protonen zu Neutronen verschmelzen. Der Stern besteht jetzt fast nur noch aus diesen Neutronen. Bei einem Durchmesser von rund 20 [km] ist die Dichte so unvorstellbar groß, dass die Neutronen entarten und der Gravitation doch noch einmal Einhalt gebieten. Der nun gebildete Neutronenstern wird schlagartig inkompressibel und ist so dicht, dass ein Kubikzentimeter Materie 1 Milliarde Tonnen wiegt! Die restliche Hülle des Sterns stürzt mit 40 000 [km/s] auf die ultraharte Kugel und wird in Form einer Schockwelle zurückgeworfen. Eine Supernova explodiert und setzt ungeheure Energiemengen frei.


Ihren wahren Triumph feiert die Gravitation allerdings erst jetzt, wenn nämlich im Sternzentrum eine Kugel aus (gasförmigem!) Eisen entstand von mindestens zwischen etwa 2 und 3 Sonnenmassen. Weitere Fusionen sind dann nicht mehr möglich. Es gibt keine Kraft in der Natur, die jetzt noch der Gravitation entgegen wirken könnte. Innerhalb von Sekundenbruchteilen fällt das Zentrum in sich zusammen. Es gibt kein Halten mehr bei Erreichen der Erdgröße wie beim Weißen Zwerg, der Kollaps des Sterns stoppt auch nicht bei der Abmessung eines Neutronensterns. Der Zusammenbruch geht immer weiter, bis alle Materie in einem unendlich kleinen Punkt verschwunden ist, der so genannten Singularität.

Kollaps eines Sterns
Kollaps eines Sterns
Wir befinden uns in sicherer Entfernung von einem Stern, der gerade den Gravitationskollaps zu einem Schwarzen Loch erfährt. Haben wir zunächst noch die riesige Scheibe vor Augen, sehen wir die recht schnelle Schrumpfung - der Stern fällt in sich selbst zusammen. Doch etwas stimmt hier nicht! Der Durchmesser verjüngt sich nicht, wie oben gesagt, auf Null. Scheinbar stoppt die Schrumpfung bei einem bestimmten Durchmesser und die restliche Scheibe wird nur noch dunkler und verschwindet dann völlig. Wo liegt der Fehler?

Zunächst muss hier gesagt werden, dass wir bis heute nicht wissen, was genau beim Gravitationskollaps eines sehr massereichen Sterns geschieht. Es ist möglich, dass die Sternhülle in einer Supernovaexplosion fort geblasen wird. Dann stimmt der obige kleine Film nicht, wir würden stattdessen nur einen extrem hellen Lichtblitz sehen können.

Wenn sich jedoch ein Schwarzes Loch bildet, so muss man wissen, dass solche Objekte keine feste Oberfläche aufweisen. Die herabstürzenden Gasmassen der Hülle würden nicht wie beim Neutronenstern abprallen, sondern einfach in das sich bildende "Loch" einströmen und unseren Blicken entschwinden. In diesem Fall zeigt das Filmchen (stark vereinfacht) die tatsächlichen Vorgänge.


Doch ist immer noch nicht klar, wieso wir nicht sehen können, dass der Stern tatsächlich immer weiterschrumpft bis zu einem verschwindend kleinen Punkt!
Hierzu muss man sich vergegenwärtigen, dass bei zunehmender Schrumpfung des Sterns die Massendichte der Materiekugel immer höher wird. Dabei steigt auch die Anziehungskraft an der Sternoberfläche immer weiter an, so dass jetzt sogar die Teilchen des Lichts, die Photonen, beträchtliche Arbeit aufwenden müssen, um dieser Anziehungskraft zu entkommen. Das bedeutet, dass Licht rotverschobener, wird. Das sichtbare Licht wird in Richtung des energiearmen Rot verschoben, wird dann Infrarot, zur Mikrowelle, zur Radiowelle usw., je größer die Gravitation wird. Der Stern wird also für uns immer unsichtbarer und weil das Licht auch gleichzeitig energieärmer wird, erscheint er immer dunkler.

Stellen Sie sich nun die Materiemenge von z.B. 40 Sonnenmassen, dem Rest des ehemaligen Gasballs von über 1 Milliarde [km] Ausdehnung (massereiche Sterne stoßen während ihres Lebens viel Materie in den Raum ab), auf eine Kugel von 120 [km] Durchmesser zusammengepresst vor. Die Gravitationskraft an der "Oberfläche" dieser Kugel ist jetzt so groß geworden, dass die Photonen nicht mehr entweichen können. Anders gesagt, wird die Rotverschiebung jetzt unendlich groß, die Fluchtgeschwindigkeit entspricht genau der Lichtgeschwindigkeit! Exakt bei Erreichen des kritischen Radius erlischt daher der Stern, wir können nicht mehr sehen, ob er noch weiter schrumpft oder überhaupt noch existiert. Scheinbar "friert" die Schrumpfung bei Erreichen dieser magischen Grenze ein, weshalb die Astronomen früher diese Kollapsare auch Gefrorene Sterne nannten.

Der kollabierte Stern entzieht sich nicht nur im sichtbaren Licht unseren Blicken. Informationen jeglicher Art können im materiefreien Raum, wie man (grob gesehen) den Raum zwischen den Sternen vorfindet, nur durch elektromagnetische Wellen übertragen werden. Die kleinste Energieeinheit jeder Welle aber ist stets das Photon, so dass weder Radio-, Wärme-, Röntgen- oder Gammastrahlung oder irgendeine andere den implodierten Stern verlassen können. Er ist somit im wahrsten Sinne des Wortes eingefroren: Seine Ausdehnung erstarrt, alle Informationen aus seinem Innern "gefrieren" und es wird tatsächlich nicht einmal mehr Wärme von dem gerade noch superheißen Stern ausgehen. Der amerikanische Wissenschaftler John Wheeler bedachte 1969 die gefrorenen Sterne mit dem sehr zutreffenden Ausdruck Schwarzes Loch. Alles was sich innerhalb der kritischen Grenze befindet oder ereignet, bleibt für immer darin gefangen. Nichts kann daraus entkommen, deshalb sind Schwarze Löcher auch wirklich schwarz!

Im nächsten Abschnitt werden wir sehen, was der kritische Radius genau ist, was unterhalb geschieht und was verschiedene Beobachter sehen können - oder auch nicht.

Weitere Informationen: http://www.wissenschaft-online.de/astrowissen/astro_sl.html