s-, r- und p- Prozesse

Der s- Prozess

Der r- Prozess

Der p- Prozess

Der e- Prozess

Spallation

Der Beta- Zerfall

Der s- Prozess

Relativ massearme Sterne, die sich auf dem asymptotischen Riesenast im Hertzsprung-Russel-Diagramm auf das Ende ihrer Entwicklung hin bewegen (so genannte AGB's, Asymptotic Giant Branch), haben in ihrem Zentrum bereits alles an Wasserstoff und Helium verbraucht, die Fusionen sind hier zum Stillstand gekommen. In einer Schale um den Kern aber wird noch Helium zu Kohlenstoff fusioniert. Aber das ist nicht die einzige Quelle, die noch neue Elemente erbrütet.

Bei den im Stern herrschenden relativ niedrigen Temperaturen und Drucken läuft noch ein weiterer Prozess ab, der so genannte s- Prozess (von engl. slow = langsam). In der noch brennenden Schale werden auch Neutronen (n) freigesetzt:

22Ne + 4He →25Mg + n

13C + 4He → 16O + n

Fängt nun ein bereits bestehender Atomkern ein freies Neutron ein, so entsteht ein Isotop des betreffenden Elementes. Die Anzahl der in einem Atomkern enthaltenen, positiv geladenen Protonen bestimmt die Ordnungszahl und damit die Stellung im Periodensystem der Elemente, während durch das Hinzufügen des neutralen Neutrons lediglich die Massenzahl um 1 erhöht wurde. Die Massenzahl ist die Summe von Protonen und Neutronen in einem Atomkern.

Das Einfangen eines Neutrons gelingt schweren Atomkernen relativ leicht und so ist Eisen das Ausgangselement des s- Prozesses. Es wurde allerdings nicht im Stern erbrütet, sondern ist seit dessen Entstehung enthalten. Das Metall war zuvor in früheren Sterngenerationen "gekocht" und von ihnen ins All geblasen worden:

56Fe + n → 57Fe + n → 58Fe + n → 59Fe → 59Co + e-

Nun kann das Einfangen von Neutronen nicht nach Belieben erfolgen. So manches Isotop ist instabil, wenn die Neutronenzahl zu groß wird und in solchen Fällen setzt der so genannte β- Zerfall ein (wie oben beim 59Fe gezeigt). Dabei wandelt sich ein Neutron n durch Abgabe eines Elektrons e- (eines β- Teilchens) in ein Proton p um und ändert dadurch die Stellung des Elementes im Periodensystem:

n → p + e-

Spätestens bei Erreichen der Massenzahl 210 (210Bi, ein instabiles Wismutisotop) hört der s- Prozess auf. Der Einfang eines Neutrons und damit die Nukleosynthese nimmt etwa Hundert bis Tausend Jahre in Anspruch und durch die relativ geringe Neutronendichte im Stern (105 bis 1011 Neutronen je cm2 und Sekunde) können die neutronenreichen, schweren Elemente wie z.B. Uran nicht mehr gebildet werden. Denn zuvor setzt der β- Zerfall ein. Das gelingt jedoch auf andere Art, im r- Prozess.


Der r- Prozess

Wenn die Temperaturen richtig hoch sind und eine große Neutronendichte vorliegt, dann kann der r- Prozess (von engl. rapid = schnell) ablaufen. Es handelt sich ebenfalls um einen Neutroneneinfangprozess, die Neutronendichte liegt hier bis zu 1022 Neutronen pro cm2 und pro Sekunde. Im Gegensatz zum s- Prozess können hier in kürzester Zeit, etwa in 400 Millisekunden, auch instabile Isotope entstehen mit großem Neutronenanteil im Kern, bis hin zum Thorium und Uran. Das geschieht in einer Blase direkt in der Nachbarschaft des gerade gebildeten Neutronensterns, einer so genannten Hochentropieblase. Hat sie sich auf 1 Milliarde [K] "abgekühlt", setzt der β- Zerfall der instabilen Isotope ein, bis das nächst niedrigere, stabile Element gebildet ist.

Noch aber sind die Bedingungen gegeben und die Kerne fangen die Neutronen viel schneller ein als die durchschnittliche Halbwertszeit des β- Zerfalls dauert. So bereichert sich mancher Kern um 15 bis 20 Neutronen. Bevor der β- Zerfall einsetzen kann geschieht weiteres: Neben all den Nukliden (Kernen) und Nukleonen (Kernteilchen) ist die Blase auch angefüllt mit hochenergetischen Gammaphotonen. Ist nun ein Nuklid mit Neutronen "gesättigt", setzt ein Prozess der Photodesintegration ein: Die Photonen können jetzt relativ leicht Neutronen aus den Atomkernen herausschlagen, bis ein stabiler Zustand erreicht ist.

Ort solchen Geschehens sind Supernovae SN II. Nur in der kurzen Zeit dieser gewaltigen Explosionen herrschen Bedingungen, die den r- Prozess ermöglichen (ein weiteres denkbares Szenario dafür wäre das Verschmelzen zweier Neutronensterne). Die sehr rasch aufgebauten, instabilen neuen Atomkerne zerfallen dann aber doch recht schnell wieder in stabile, neutronenreiche Elemente, angefangen vom Eisen bis hin zum Blei. Anschließend können weitere Neutronen eingefangen werden und der Prozess beginnt von neuem. So werden dann auch langlebige Isotope gebildet, wie beispielsweise Wismut, Uran oder Plutonium - einem höchst giftigen Schwermetall.

Sehr schwere Atomkerne - etwa bei Massezahlen um 260, z.B. 248Cm (Curium) - zerfallen spontan in zwei kleinere Elemente. Zudem ist eine weitere Grenze erreicht, wenn die Anzahl der Neutronen 50, 82 oder 126 beträgt (magische Neutronenzahlen), entsprechend Massenzahlen von 70, 90, 130, 138 und 195-208. Hier liegt eine gewisse Sättigung vor (ähnlich der gesättigten Elektronenschale, bei der ein Element Edelgascharakter annimmt, ist es hier die "Neutronenschale").


Der p- Prozess

Schwere Elemente mit Massezahlen über 56 können auch durch einen weiteren, aber sehr seltenen Prozess erzeugt werden. Weil es sich um eine Protonenanlagerung handelt, spricht man vom p- Prozess. Hierzu sind wiederum Temperaturen von über 1 Milliarde [K] (= 1 Gigakelvin) erforderlich, wie sie in Supernovae erreicht werden.

Das Problem bei einer Protonenanlagerung an ein Nuklid ist die bereits vorhandene große, positive elektrische Ladung des Kerns, der deshalb abstoßend auf das Proton wirkt. Es muss daher sehr schnell sein. Eine solche Anlagerung gelingt im so genannten rp- Prozess, in welchem protonenreiche Kerne mit Massezahlen zwischen 56 und maximal etwa 120 gebildet werden.

Der eigentliche p- Prozess (auch als Gamma- Prozess bezeichnet) ist noch nicht vollständig beschrieben. Man vermutet, dass hier wiederum durch Fotodesintegration von schweren, im s- und r- Prozess erzeugten Nukliden protonenreiche Kerne wie z.B. 190Pt entstehen. Nur 1/50 der in s- und r- Prozessen erzeugten Kerne nahmen an einem p- Prozess teil.


Der e- Prozess

Wenn in einem massereichen Stern die Entwicklung im Zentrum bis zur Massenzahl 56 vorangeschritten ist, kann dort keine weitere Fusion mehr stattfinden, weil hierdurch keine Energie mehr freigesetzt werden kann. Bei dieser Massenzahl können die Elemente Kobalt, Nickel und Eisen gebildet sein, wobei die ersten beiden instabile Isotope sind. Für kurze Zeit können sie miteinander im Gleichgewicht stehen. Unter bestimmten Bedingungen (vor allem in den explosionsartig brennenden Schalen eines Sterns im Supernovaausbruch) wird das 56Ni- Isotop bevorzugt gebildet und dann ausgestoßen. Weil das Nickel jedoch instabil ist zerfällt es unter Abgabe eines Gammaphotons:

56Ni → 56Co → 56Fe

Auch das Kobalt ist instabil und zerfällt unter Abgabe eines weiteren Gammaphotons in Eisen. Dieser Zerfall ist es, der eine Supernova antreibt und sie aufleuchten lässt. Die erzeugten und ausgestoßenen Elemente der Eisengruppe dienen dann in späteren Sterngenerationen wieder als Saat für die s- und r- Prozesse.


Spallation

Wir wissen nun, dass alle Elemente bis hin zum Eisen bzw. Nickel in den Zentren der verschiedenen Sterne ausgebrütet werden (siehe hierzu auch Energieumwandlung der Sterne). Die Voraussetzungen dazu wurden in der primordialen Nukleosynthese geschaffen, als sich nämlich hauptsächlich Wasserstoff, ein wenig Helium und eine Schaufel voll Lithium bildeten. Auch sahen wir jetzt, in welchen Mechanismen die restlichen in der Natur vorkommenden schweren Elemente synthetisiert werden können.

Es gibt in der Natur aber noch einige leichte Isotope, wenn sie auch recht selten sind, die weder in der primordialen Nukleosynthese entstanden noch bei Fusionsprozessen in den Sternen gebildet werden und auch nicht Produkte radioaktiver Zerfälle sind. Die Sprache ist hier z.B. von 6Li (Lithium, 7Li z.B. entstammt der primordialen Nukleosynthese), 9Be Beryllium), 10B oder 11B (Bor) und 19F (Fluor). Hier stellt man sich nun vor, dass Interstellare Materie der energiereichen Kosmischen Strahlung ausgesetzt ist. Diese besteht überwiegend aus schnellen, also hochenergetischen Protonen und sie sind in der Lage, aus Atomkernen Nukleonen regelrecht herauszuschlagen. So könnten die Borisotope aus Kohlenstoff, 12C, entstanden sein, das 19Fluor aus 20Ne usw.

Diesen Vorgang, das Herausschlagen von Kernteilchen, nennt man Spallation. Die Spallation kann aber nicht nur durch Kosmische Strahlung hervorgerufen werden, sondern ebenso gut durch die Myriaden von Neutrinos in Supernovaexplosionen. Auf der Erde produzieren wir Spallationen künstlich in den Teilchenbeschleunigern.


Der Beta- Zerfall

Radioaktive Isotope sind Elemente, die einen Überschuss an Neutronen oder Protonen im Atomkern aufweisen. Sie sind nicht stabil und zerfallen unter Aussendung von Alpha-, Beta- und Gammastrahlung. Die Alphastrahlung ist eine Teilchenstrahlung und besteht aus Heliumkernen, die Betastrahlung besteht ebenfalls aus Teilchen, den Elektronen, während die Gammastrahlung eine reine elektromagnetische Strahlung ist.

Beim Betazerfall unterscheiden wir 2 Arten: den β-- und den β+- Zerfall. β-- Strahlung besteht aus Elektronen e- und entsteht, wenn sich in einem Atomkern ein Überschuss an Neutronen befindet. Hier wandelt sich ein Neutron in ein Proton um, indem es ein Elektron sowie ein Elektron- Antineutrino aussendet. Beide Teilchen sind Leptonen, die nicht der starken Wechselwirkung unterliegen, welche für den Zusammenhalt im Atomkern zuständig ist. Sie können daher den Kern verlassen. Zwar ist jetzt die Anzahl der Teilchen im Kern gleich geblieben, doch die Anzahl der Protonen und damit die Kernladungszahl hat sich um 1 erhöht. Durch den Zerfall ist damit das nächst höhere Element im Periodensystem entstanden.

Weist das Nuklid einen Überschuss an Protonen auf, geschieht Gegenteiliges: Ein Proton emittiert im β+- Zerfall ein Positron e+ und ein Elektron- Neutrino und wird dadurch zum Neutron. Die Massenzahl bleibt wiederum erhalten, doch die Kernladungszahl verringert sich um 1 und das Element geht in das nächst niedrigere im Periodensystem über.

Zu erwähnen ist hier noch der so genannte inverse Betazerfall. Das ist im Prinzip der umgekehrte Vorgang, bei welchem von einem Proton ein Elektron absorbiert wird unter Aussendung eines Neutrinos. Inverse Betazerfälle finden z.B. beim Zusammenbruch eines massereichen Sternzentrums zu einem Neutronenstern statt. Dort werden zunächst die Atomkerne einer 1,5 bis etwa 2,8 Sonnemassen schweren Eisenkugel durch hochenergetische Gammaphotonen zertrümmert (Fotodesintegration), sodann Elektronen in die Protonen gedrückt. Myriaden von Neutrinos verlassen dann in diesem Moment mit fast Lichtgeschwindigkeit das Geschehen als Vorboten einer gleich erfolgenden Supernovaexplosion und unterstützen tatkräftig das Abstoßen der Sternhülle.