Die Milchstraße

Aufbau unserer Galaxie
Die Spiralarme
Rotation und Masse
Halo und Korona
Die Kernregion

Aufbau unserer Galaxie

Könnten wir unsere Galaxie, die Milchstraße, aus einer gehörigen Entfernung von außen betrachten, so würde sie sich uns annähernd wie die Andromeda- Galaxie zeigen. Lange Zeit glaubte man auch, sie sei in der Tat eine reine Spiralgalaxie vom Typ Sb. Heute wissen wir jedoch, dass wir in einer Balkenspirale vom Typ SBc beheimatet sind (Näheres hierzu siehe weiter unten). Sie stellt ein aus mindestens etwa 300 Milliarden Sternen bestehendes System dar, von denen wir in einer klaren Nacht unter besten Bedingungen lediglich 6000 mit bloßem Auge erkennen können. Hinzu kommt noch eine große Menge Interstellarer Materie, die allein schon eine Masse von minimal 600 Millionen, möglicherweise auch einige Milliarden Sonnenmassen ausmacht.

Leider sind wir aber nicht in der Lage, die Galaxis (wie unsere Milchstraße auch bezeichnet wird) von außen zu bewundern, so dass wir ihre Struktur von unserem Standpunkt aus auf der Erde ergründen müssen. Eine große Hilfe stellt dabei die Radioastronomie dar, durch deren Beobachtungen wir inzwischen vieles über die Verteilung der Interstellaren Materie wissen. Auch Messungen im IR- und Röntgenbereich tragen ihren Anteil an unserem heutigen Wissen hinzu, ermöglicht durch die vielen modernen Satelliten. Aus den Beobachtungen anderer Galaxien geht hervor, dass die Gebiete hoher Sternentstehungsraten, Anhäufungen heißer, massereicher O- und B- Sterne, überwiegend in den Spiralarmen liegen, weil hier ein hoher Anteil Interstellarer Materie zu finden ist. Aus all diesen Ergebnissen kristallisierte sich immer mehr die Struktur unserer Heimatgalaxie heraus.

Unsere Milchstraße - Anklicken für Großansicht
Unsere Milchstraße - Anklicken für Großansicht
Bereits ein nur kleiner Ausschnitt unserer Milchstraße vermittelt einen Eindruck der ungeheuren Anzahl von Sternen unserer Galaxie. Richten Sie nur einmal in einer klaren Nacht den Feldstecher gegen das verwaschene Band der Milchstraße. "Live" betrachtet ist ein solch faszinierender Anblick noch viel überwältigender!

Im Foto sehen wir direkt in die Richtung des galaktischen Zentrums. Es befindet sich in der Bildmitte im Sternbild Sagittarius (Schütze). Zu sehen ist das Zentrum leider nicht im optischen Wellenlängenbereich, dichte Staubwolken verhindern jede Sicht vollkommen. Die quer durch das Bild laufende dünne Linie stammt von einem Flugzeug, die dunklen Schatten im Vordergrund sind durch Bäume verursacht. Mehr als 30 Objekte des Messier- Kataloges findet man in diesem Milchstraßenabschnitt, der kleine rote Fleck über dem Zentrum ist z.B. der Lagunen- Nebel M 8, der rot-blaue Fleck darüber ist der Trifid- Nebel M 20. Durch Anklicken können Sie eine Großversion des Bildes betrachten.

Copyright: Dave Palmer


Viele Sterne der Milchstraße sind Einzelgänger wie unsere Sonne, andere sind jedoch häufig Mitglieder von Doppel- oder Mehrfachsystemen oder sogar von Sternhaufen. Die Sterndichte lässt sich nur in unmittelbarer Sonnenumgebung genau feststellen. In einem kugelförmigen Raum von 5 [pc] (= Parsec) Durchmesser um die Sonne zählt man 65 Sterne. Davon sind 33 Einzelsterne, 26 gehören zu einem Doppelsystem und es gibt hier 2 Dreifachsysteme. Dazu gesellen sich 6 unsichtbare Begleiter. Hieraus folgt eine mittlere Dichte von 130 Sternen pro 1000 [pc3]. Im Umkreis von 10 [pc] entsprechend 32,6 Lichtjahren finden wir bereits 370 Sterne, 266 davon sind Rote Zwerge. Letztere Gruppe scheint neueren Erkenntnissen zufolge in großer Menge die Milchstraße zu besiedeln. Leider sind sie aber sehr lichtschwach und kaum zu entdecken. Immerhin könnten bis zu 200 Milliarden hier beheimatet sein. In einer Kugel von 25 [pc] Durchmesser um die Sonne findet man schon 3600 Sterne, die Dichte sinkt dann auf nur noch 60 Sterne je 1000 [pc3], weil in den großen Abständen die lichtschwachen Sterne nur noch sehr schwer zu entdecken sind und sich vielfach der Beobachtung entziehen. 90 % der Sterne in Sonnennähe sind Hauptreihensterne, weniger als 1 % sind Riesen und die Weißen Zwerge haben einen Anteil von 8 %.

Der Aufbau der Milchstraße stellt sich heute etwa folgendermaßen dar:
Wie bei allen Spiralgalaxien befindet sich im Zentrum des Systems der so genannte Kern, englisch als bulge bezeichnet. Das ist eine in etwa kugelförmige Zusammenballung von Sternen und Materie mit einem Durchmesser von 5 [kpc] (16 000 Lichtjahre). In diesem Gebiet findet man die höchste Materiedichte einer Galaxie.

Aufbau der Milchstraße
Aufbau der Milchstraße
So etwa würde ein Schnitt durch unser Milchstraßensystem aussehen. Nicht angedeutet ist dabei, dass sich im Zentrum ein Schwarzes Loch von mehreren Millionen Sonnenmassen befindet sowie der zentrale Balken von rund 8,3 [kpc] Länge. Um den Kern erstreckt sich mit einer Dicke von 1 [kpc] die Scheibe der Galaxie, welche in die Spiralarme ausläuft und einen Durchmesser von 100 000 Lichtjahren hat. Neueren Erkenntnissen zufolge könnte die Milchstraße sogar einen Durchmesser von 150 000 Lichtjahren haben. Dieses Gebilde ist von einem 100 [kpc] durchmessendem Halo umgeben, in welchem neben den rund 150 bislang bekannten Kugelsternhaufen auch Einzelsterne zu finden sind. Den äußeren Bereich des Gesamtsystems bildet die Korona, von der wir vermuten, dass sie einen hohen Anteil an Dunkler Materie enthält. Sie hat einen Durchmesser von 200 [kpc]


Die Spiralarme

Wie schon oben angedeutet, sind die optisch sichtbaren, heißen, jungen Sterne der Spektralklassen O und B eindeutige Indikatoren für Spiralarme. Hierzu zählen neben H-II- Gebieten (Wolken von leuchtendem, heißem und ionisiertem Wasserstoff) auch kalte, dunkle Molekülwolken (im Radiobereich beobachtbar) und junge Sternhaufen, wie beispielsweise die bekannten Plejaden. Misst man die Entfernung dieser Objekte und trägt sie zusammen mit ihrer Lage im galaktischen Koordinatensystem in ein Diagramm ein, so kristallisieren sich für unsere Milchstraße 4, möglicherweise sogar 5 Spiralarme heraus, die dem zentralen Balken entspringen.

Struktur der Spiralarme
Struktur der Spiralarme
Die beobachteten HII- Gebiete der Milchstraße. Andeutungsweise kann man aus ihrer Lage die möglichen Spiralarme ableiten. Das Kreuz in der Mitte deutet das Zentrum an, von welchem die Balkenarme ausgehen, der gelbe Punkt ist der Ort der Sonne. Die Spiralarme sind zum Teil benannt nach den Sternbildern, in deren Richtung sie liegen. Man unterscheidet hier den Perseus- Arm (auch als +1- Arm benannt), den Orion- Arm (0- Arm), den man auch als lokalen Arm bezeichnet, weil sich in ihm die Sonne befindet, sowie den Sagittarius- Arm (-1). Der Orionarm ist womöglich kein vollständiger Arm, sondern nur ein Bruchstück, in ihm läuft die Sonne mit 30 [km/s] auf das Sternbild Herkules zu. Zwei weitere Arme deuten in Richtung der (südlichen) Sternbilder Scutum (Schild) und Norma (Winkelmaß).


Die Spiralarme enthalten also überwiegend helle, weiß- blaue Sterne, Sterne die noch jung sind oder sich im Laufe ihrer Entwicklung auf dem Hauptreihenast des Hertzsprung-Russel- Diagramms langsam nach oben bewegen. Im Kern der Galaxis (unsere Milchstraße nennt man Galaxis, wohingegen alle anderen Sternsysteme als Galaxie bzw. Galaxien bezeichnet werden) dagegen findet man vorwiegend ältere, weiterentwickelte und daher rötliche Sterne, was auch für den zentralen Balken gilt. Die Arme mit ihren jungen Sternen stellen nur einen geringen Anteil der Scheibenmasse dar. Ungleich mehr Masse wird von gleichmäßig über die Scheibe verteilten, älteren Sternen gebildet.

Warum, fragen wir uns, bilden so viele Galaxien wie auch unsere Milchstraße eigentlich Spiralarme aus? Den Mechanismus, der solche Strukturen erzeugt, kennt man nur sehr vage. Die zu einem System gehörenden Sterne müssen nicht zwangsläufig absolut gleichmäßig verteilt sein. Vielmehr können sich, wenn das System gleichsinnig um einen gemeinsamen Schwerpunkt rotiert, Dichtestörungen - die Spiralarme - ausbilden. Vermutlich hat man es dabei mit einer Art Wellenphänomen zu tun, einer Dichtewelle, die durch ihre Eigengravitation aufrechterhalten wird und damit das "Aufwickeln" der Spiralen verhindert.
Man kann sich leicht eine kleine "Minigalaxie" selbst herstellen, indem man seinem Kaffee etwas Milch zufügt und sehr vorsichtig rührt. Dann bilden sich hier auch "Spiralarme" aus - zugegebenermaßen hinkt dieser Vergleich aber ein wenig.


Die noch sehr unsichere Dichtewellentheorie besagt, dass Spiralarme nichts anderes sind als Gebiete, in denen das Gravitationsfeld gegenüber dem großräumigen Mittelwert etwas erhöht ist. Diese Störungen bilden dann in der galaktischen Ebene die Spiralarme aus. Sie rotieren mit konstanter Winkelgeschwindigkeit, diese ist aber etwas geringer als diejenige der umlaufenden Sterne und Materiewolken. Sie holen deshalb die Störungszonen ein und werden bei Annäherung etwas beschleunigt, bei Entfernung von diesem Gebiet aber ein wenig abgebremst. Dadurch entsteht ein Gebiet mit einer um nur wenige % erhöhten Sterndichte, ein Spiralarm. Die Sterne selbst beeinflussen sich gegenseitig nur wenig, da sie zu große Abstände haben. Die Interstellare Materie hingegen wird bei diesem Vorgang komprimiert, weil die einzelnen Teilchen sich relativ nahe stehen. Das kann dann zu Gravitationsinstabilitäten führen, eine Kontraktion ist die Folge und damit eine erhöhte Sternentstehungsrate in den Spiralarmen.

Massereiche (O und B-) Sterne entwickeln sich dabei sehr schnell, können daher ihren Entstehungsort kaum verlassen. Sie sind deshalb zusammen mit den konzentrierten Gebieten Interstellarer Materie ausgezeichnete Indikatoren für Spiralarme. Dennoch stehen überzeugende Beweise für die Richtigkeit der Dichtewellentheorie weiterhin aus.

Die Galaxis ist doch eine Balkenspirale?
Die Galaxis ist doch eine Balkenspirale?

Wie schon beschrieben ist es höchst schwierig, eine Aussage über die Struktur der Milchstraße zu machen, wenn man mittendrin sitzt. Eine umfangreiche Durchmusterung von Sternen mit dem Spitzer Weltraumteleskop aus 2005 überzeugt aber nun die Astronomen, dass die Galaxis nicht länger eine reine Spiralgalaxie ist. Die peinlich genaue Infrarot- Erfassung von über 30 Millionen Sternen lässt aber keinen anderen Schluss zu: wir leben in einer Balkenspirale. Wie in der Abbildung dargestellt, würde ein außenstehender Beobachter erkennen, dass unsere Galaxie durch einen ausgeprägten, über 27 000 Lichtjahre weiten Balken geprägt wird. Haben schon frühere Untersuchungen die mögliche Existenz eines schwachen Balkens angedeutet, ist nach heutiger Erkenntnis der zentrale Balken die dominierende Erscheinung der Milchstraße. Angeordnet ist der Balken in einem Winkel von 45 ° zu einer Verbindungslinie Sonne- Galaxienzentrum.

Mit freundlicher Genehmigung von R. Hurt (SSC), JPL-Caltech, NASA

Weniger Spiralarme als bisher gedacht?
Weniger Spiralarme als bisher gedacht?
Man lernt ja ständig dazu! Das Spitzer- Teleskop hat mittlerweile (Stand: Juni 2008) über 800 000 Einzelaufnahmen unserer Milchstraße angesammelt und damit 110 Millionen Sterne erfasst, was allerdings nur einen Bruchteil der Gesamtanzahl von Sternen in der Galaxis ausmacht. Eine solche Informationsfülle lässt sich nur noch mit Computern auswerten, und deshalb hat Robert Benjamin von der University of Wisconsin ein spezielles Programm entwickelt, welches die Häufigkeit von Sternen in den verschiedenen Himmelsregionen ermittelt. Die neuen Ergebnisse sind nun doch überraschend. Zunächst fand man wie erwartet eine erhöhte Sterndichte in Richtung des Scutum- Centaurus- Arms. Doch eine hohe Anzahl von Sternen in den Regionen des Sagittarius- und des Norma- Arms konnte nun nicht mehr nachgewiesen werden. Wie in der Abbildung gezeigt, stellt sich uns nun ein ganz anderes Bild der Milchstraße dar. Es gibt nur noch 2 Hauptarme, Scutum- Centaurus und Perseus (letzterer wurde in der neuen Untersuchung nicht erfasst). Sie bestehen in der Hauptsache aus jungen und auch alten Sternen und entspringen dem zentralen Balken. Die Nebenarme wie Orion (engl. Orion Spur), Sagittarius und Norma bestehen dagegen überwiegend aus Gas/Staub und relativ wenigen jungen Sternen. Im Laufe der Jahre hat sich damit unsere Erkenntnis über das Aussehen unserer Heimatgalaxie erheblich geändert. Dachte man zunächst noch, die Milchstraße sei eine Zwillingsschwester der Andromeda- Galaxie (M 32), so ähnelt sie unseres heutigen Wissens eher der Balkenspirale M 83.

Mit freundlicher Genehmigung von JPL-Caltech, NASA

Wellen in der Milchstraße?
Wellen in der Milchstraße? Anklicken für Großansicht
Wir sind scheinbar noch lange nicht am Ende unserer Erkenntnisse angekommen. Wie im März 2015 veröffentlicht wurde (http://arxiv.org/abs/1503.00257),ist die Galaxis bis zu 50% größer als bisher gedacht. Sie hat somit einen Durchmesser von bis zu 150 000 Lichtjahren (∼ 23 [kpc], anstatt der bislang geglaubten 100 000 Lichtjahre. Doch nicht nur das - waren wir bisher davon überzeugt, in einer scheibenförmigen Galaxie beheimatet zu sein, so müssen wir uns nun mit dem Gedanken anfreunden, dass die Spiralarme der Milchstraße ringartig angeordnet sind und die ganze Galaxis eine wellenförmige Struktur aufweist. Dies geht aus einer Studie aufgrund der Daten des Sloan Digital Sky Survey (SDSS) von 2002 hervor. "Zumindest wenn wir von unserer Sonne aus zum Rand der Galaxie sehen, erkennen wir mindestens vier Riffel", sagt Prof. Heidi Newberg vom Rensselaer Polytechnic Institute. Seien wir gebnt, wie sich das Bild unserer Heimatgalaxie in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten noch verfeinern wird!

Durch Anklicken des Bildes eröffnet sich eine Großansicht.

Mit freundlicher Genehmigung von Rensselaer Polytechnic Institute


Rotation und Masse

Der Kern unserer Galaxie mit einem Durchmesser von rund 3300 Lichtjahren rotiert nahezu wie ein starrer Körper. Allerdings gibt es hier auch so genannte Schnellläufer, Sterne, die sich auf stark exzentrischen Bahnen bewegen. In der Scheibe liegen die Verhältnisse dagegen völlig anders: Hier herrscht eine differenzielle Rotation vor. Man kann die Scheibe nicht mehr mit einem starren Körper vergleichen, sondern muss vielmehr jeden Stern einzeln betrachten. Jeder Stern umkreist das Zentrum in annähernd kreisförmiger Bahn und befindet sich dabei stets im Gleichgewicht zwischen Fliehkraft und die auf ihn einwirkenden Gravitationskräfte des Gesamtsystems. Generell sollte nach dem dritten Keplerschen Gesetz die Rotationsgeschwindigkeit von innen nach außen abnehmen, das ist aber seltsamerweise nicht der Fall.

Rotationsgeschwindigkeiten der Sterne
Rotationsgeschwindigkeiten der Sterne
In dieser Grafik sind die Rotationsgeschwindigkeiten der Sterne gegen den Abstand vom Zentrum dargestellt (die Verteilung der Bahngeschwindigkeiten in einer Galaxie wird Geschwindigkeitsdispersion genannt). Die grüne Kurve zeigt den Verlauf wie er zu erwarten wäre, die rote stellt die tatsächlichen Verhältnisse dar. Etwa bis zur Sonne, welche in einem Abstand von 8,6 [kpc] das Zentrum mit ca. 230 [km/s] in 210 Millionen Jahren einmal umkreist, stimmen die Geschwindigkeiten. Mit weiterem Abstand nimmt die Bahngeschwindigkeit der Sterne aber zu, anstatt sich zu verringern. Auch bei vielen anderen Galaxien wird dieses Phänomen beobachtet, aber wie ist es zu erklären? Wir müssen uns mit dem Gedanken vertraut machen, dass unsere Milchstraße viel größer ist als bisher geglaubt (von der Masse her betrachtet). Die leuchtende Materie (Gas und Sterne) macht nur etwa 20% der Gesamtmasse aus, wir sind von ungeheuer großen Ansammlungen von etwas Unbekanntem umgeben, das sich unseren Beobachtungen vollständig entzieht (siehe auch Dunkle Materie). Etwa 1 Billion Sonnenmassen verbergen sich im Halo oder in der Korona, wirken aber gravitativ und verursachen die Abweichungen der Umlaufgeschwindigkeiten.

Es gibt allerdings einen, wenn auch nur vagen Hinweis auf die missing mass. Galaxien sollten eigentlich "durchsichtig" sein, durch dünn besetzte Randzonen sollte man beispielsweise hinter der Galaxie liegende Objekte erkennen können. Das ist aber häufig nicht der Fall, vielmehr könnte deshalb ein Teil der fehlenden, obwohl vorhandenen, sichtbaren Materie durch Absorptionseffekte unseren Blicken verborgen bleiben. Wie hoch dieser Masseanteil ist vermag allerdings niemand zu sagen. Auch durch so genannte Microlensing- Effekte sind bereits ansonsten nicht sichtbare Körper nachgewiesen worden. Unstrittig ist jedoch, dass von den Halos der Galaxien eine beachtliche gravitative Wirkung ausgeht, wodurch auch immer sie verursacht wird.


Halo und Korona

Wie oben bereits angedeutet ist unsere Milchstraße, wie auch andere Galaxien, eingebettet in den so genannten Halo. Dies ist nicht ein streng von der Galaxienscheibe abgetrennter Raum mit einem Durchmesser von 50, vielleicht sogar 100 [kpc], vielmehr durchdringen sich Scheibe und Halo, es ist ein fließender Übergang. Dennoch gibt es Unterschiede: Der Halo wie auch die darin enthaltenen Sterne nehmen nicht an der allgemeinen Rotation der Galaxienscheibe teil. Auch die Sterne des Halos unterscheiden sich von den Sternen der Scheibe. Während man die Scheibensterne als Population I bezeichnet, gehören die Halosterne der Population II an.

Den Begriff der Population hat Walter Baade 1944 eingeführt. Demnach umfasst eine Population alle Sterne mit gleichem Alter, gleicher chemischer Zusammensetzung, derselben räumlichen Verteilung und ähnlichen Bewegungsverhältnissen.
In der Population I findet man einen hohen Anteil junger, heißer Sterne, die in der Population II völlig fehlen. Von den Mitgliedern alter, offener Sternhaufen, über die Interstellare Materie bis hin zu den jungen OB- Sternen haben alle eine ähnliche chemische Zusammensetzung wie die Sonne (sie ist ebenfalls ein Population I- Stern).

Unsere Milchstraße
Unsere Milchstraße - Anklicken zur Großansicht
Hier nochmals eine künstlerische Darstellung, wie unsere Milchstraße weit entfernten Beobachtern erscheinen könnte (allerdings muss das Aussehen neueren Erkenntnissen zufolge korrigiert werden, siehe unter "Spiralarme"). Durch Anklicken erhalten Sie eine Großansicht (über 1 MB!)

Population II- Sterne weisen hingegen ein um den Faktor 100 bis 1000 geringeres Verhältnis von Metallen zu Wasserstoff auf (Astronomen nennen alle Elemente außer Wasserstoff Metalle!). Diese metallarmen Sterne sind deshalb auch die ältesten, denn in dieser Population fehlen, wie gesagt, die jungen Sterne.

Mit freundlicher Genehmigung der NASA


Ein Stern zeigt ja an seiner Oberfläche die Zusammensetzung des Gases an, aus dem er entstanden ist (die Umwandlung der Materie erfolgt durch Fusionen nur im Kernbereich; das hier ausgebrütete Material kann aber nicht nach außen gelangen). Deshalb hat sich der Metallgehalt des Interstellaren Mediums der Scheibe seit Entstehung der Milchstraße um den Faktor 100 bis 1000 angereichert, dieser Prozess war bereits in den ersten 109 Jahren, dem Entstehungszeitraum der Population II- Sterne, vollzogen.

Heute werden die Populationen allerdings noch feiner unterteilt. O- und B- Sterne, Delta Cephei- Sterne, junge, offene Haufen, Interstellare Materie sowie Sternassoziationen bilden die so genannte extreme Population I. Sterne der Spektralklasse A und andere sind weiter von der Milchstraßenebene entfernt und bilden ein größeres Untersystem. Ein weiteres Untersystem wird von den RR- Lyrae- Veränderlichen mit einer unter 0,4 Tagen liegenden Periode dargestellt, dazu gehören auch die Zentralsterne Planetarischer Nebel sowie Sterne der Spektralklassen F bis M. Die bis hierhin aufgeführten Sterne gehören alle zur Scheibenpopulation, auch diejenigen der wohl sternreichsten Gegend, des Zentralbereichs der Milchstraße.


In der Zwischenpopulation II findet man die Schnellläufer (siehe auch weiter unten) mit einer Geschwindigkeit von mehr als 30 [km/s] senkrecht zur galaktischen Ebene, sowie langperiodische Veränderliche mit Perioden über 250 Tagen. Dazu gehören auch die Sterne der Spektralklassen vor M5. Das weiträumigste Untersystem bilden aber die Kugelsternhaufen und RR- Lyrae- Sterne mit einer Periode über 0,4 Tagen, sie machen den größten Teil des Halos aus.

Im Halo ist keine Interstellare Materie nachweisbar wie in der Scheibe, lediglich dünnes Gas konnte nachgewiesen werden, aber kein Staub. Die Entstehung neuer Sterne ist daher in diesem Bereich ausgeschlossen. Weil sich Halo und Scheibe gegenseitig an ihren "Kontaktstellen" durchdringen, finden sich auch in der Sonnenumgebung Sterne der Population II. Diese, weil sie nicht an der Rotation der Scheibe teilnehmen, bewegen sich scheinbar sehr schnell gegen die Rotation, man bezeichnet sie deshalb als so genannte Schnellläufer. Ein weiteres Kennzeichen des Halos sind die Kugelsternhaufen. Von ihnen kennt man heute etwa 150, ihre Gesamtzahl wird auf ca. 200 bis 300 geschätzt. Sie bewegen sich in sehr lang gestreckten Ellipsen um das galaktische Zentrum, die Bahnebenen sind dabei scheinbar gleichmäßig verteilt, auch sie enthalten sich der Scheibenrotation.


Wie wir heute wissen, entstanden die Kugelsternhaufen in einer sehr frühen Phase der Entstehung des Milchstraßensystems, und zwar innerhalb sehr kurzer Zeit, denn sie sind in etwa alle gleich alt. Mit einem Alter von etwa 11 bis 12 Milliarden Jahren stellen sie die wohl ältesten Objekte der Milchstraße dar, deren Alter selbst auf 13,6 Milliarden Jahre datiert wird. Die aus 10 000 bis zu 10 Millionen Sternen bestehenden Kugelhaufen weisen ebenfalls, wie die Halosterne, einen geringen Metallgehalt auf. Einige liegen bei 0.5%, andere bei max. 15% des vergleichbaren Sonnenwertes. Wobei die metallärmeren meist weiter vom Galaxienzentrum entfernt sind.

Im Halo können wir wie schon erwähnt auch heißes, ionisiertes Gas nachweisen. Es erstreckt sich bis in eine Entfernung von 3000 [pc] zur galaktischen Ebene und besteht aus z.B. fünffach ionisiertem Sauerstoff und vierfach ionisiertem Stickstoff. Die Temperatur des Gases kann bis auf mehrere 100 000 [K] ansteigen, allerdings ist seine Dichte sehr gering. Man findet nur 10-4 H- Atome je [cm3]. Vermutlich wird das Gas von Supernovaexplosionen aufgeheizt und bis in den Halo geschleudert. Hier kühlt es wieder ab, verdichtet sich und fällt zurück zur Scheibe. Die Abkühlung geschieht jedoch nur äußerst langsam, weil das Gas sehr dünn ist. Zur Kühlung müssen nämlich die Teilchen zusammenstoßen, um ihre kinetische Energie abzubauen. Denn nur bei einer Kollision wird Bewegungsenergie umgewandelt und als Wärmestrahlung in Form von Photonen emittiert. Die Teilchen in einem solchen Gas sind jedoch sehr weit voneinander entfernt, so dass Kollisionen nur selten stattfinden.

Über den äußeren Halo, häufig auch als Korona bezeichnet, wissen wir so gut wie nichts. Diese Korona hat vermutlich eine Ausdehnung von mindestens 200 [kpc] und muss, wie schon oben erwähnt, große Mengen an Materie in sich bergen. Sie ist letztendlich dafür verantwortlich, dass die Rotationsgeschwindigkeiten der Sterne in den Außenbereichen der Scheibe nicht mehr den Kepler- Gesetzen entspricht. Beobachten können wir diese Dunkle Materie, auch als Population III bezeichnet, nicht, sondern nur Vermutungen über sie anstellen. Es könnte sich dabei um kalte, weder optisch noch im Radiobereich sichtbare Materiewolken handeln, um Braune Zwerge, Schwarze Löcher, jupitergroße Objekte oder sogar um exotische Kernteilchen handeln, deren tatsächliche Existenz noch völlig unklar ist. Auch ist ein Gemisch aller dieser Objekte denkbar. In jedem Fall aber bleibt die Suche nach diesem geheimnisvollen, exotischen Stoff äußerst bnend.


Die Kernregion

Die Beobachtung des Zentrums der Milchstraße im optischen Bereich wird durch die hohe Dichte an Sternen und Interstellarer Materie sehr erschwert, weil die Strahlung durch Streuung erheblich abgeschwächt wird. So bleibt uns nur übrig, unsere Eindrücke von den Vorgängen im galaktischen Zentrum durch radioastronomische Untersuchungen und solche im IR- und Röntgenbereich zu gewinnen.
Das Zentrum befindet sich in Richtung des Sternbilds Sagittarius in einer Entfernung von 7,9 [kpc] (= 26 000 Lichtjahre). Aus den Infrarot- Messungen kann man auf die Sterndichte im Zentrum schließen: In einer Kugel von 150 [pc] Durchmesser um das Zentrum befinden sich 10 Milliarden Sonnenmassen, im Abstand von nur noch 0,4 [pc] sind es immerhin noch beachtliche 5 Millionen. Vermutlich wird die IR- Strahlung überwiegend von Roten Riesen emittiert.

Milchstraßenzentrum
Milchstraßenzentrum
Die Lage des Milchstraßenzentrums. Zu erkennen sind noch einige zum Sternbild Sagittarius gehörende Sterne. Auch findet sich in dieser Zone eine ungewöhnlich hohe Konzentration Interstellarer Materie, wie Beobachtungen im 21 [cm]- Radiobereich zeigen. Vom Zentrum erstreckt sich die Materie bis zu 750 [pc] weit in die galaktische Ebene hinaus, senkrecht zur Ebene beträgt die Ausdehnung 200 [pc]. Bei weiterer Annäherung an das Zentrum auf etwa 3 [pc] stellt man schnell strömende Gasmassen fest. Hier driften einige 10 Millionen Sonnenmassen spiralförmig mit mehr als 170 [km/s] nach außen weg. Das lässt die Astronomen auf eine gewaltige Explosion schließen, die vor 10 bis 15 Millionen Jahren stattgefunden haben mag. Diese Strahlungsquelle wird als Sagittarius-A-Ost bezeichnet.


Unterhalb einer Distanz von 1 [pc] zum Zentrum steigt die Temperatur des Gas- und Staubgemisches erheblich an. Das liegt an der nun sehr hohen Sternkonzentration, deren enorme Strahlungsdichte die Materie tüchtig aufheizt. Deshalb ist die Kernregion auch eine starke Quelle intensiver Infrarotstrahlung. Seltsamerweise findet man hier auch heiße, junge Sterne des Typs Blauer Überriese. Noch ist völlig unklar, wie sie dort entstehen bzw. zuwandern konnten.

Die Quelle Sagittarius- A*
Die Quelle Sagittarius- A*

In diesem Bild sieht man unser galaktisches Zentrum, die so genannte Quelle Sagittarius A*, (SgrA*). Sie ist eingebettet in die Radioquelle Sagittarius-A-West, welche einen Durchmesser von 2 [pc] aufweist. Diese Aufnahme im Röntgenlicht wurde vom Satelliten Chandra gemacht und zeigt eine Region von 10 Lichtjahren um das Zentrum. Man sieht die deshalb im Röntgenbereich strahlende Materiewolke, weil sie durch Schockwellen, Supernovaexplosionen und die intensive Strahlung vieler junger Sterne auf Millionen von [K] erhitzt wird. Hinzu kommt vermutlich eine enorme Reibungsenergie, denn die Materie umströmt den hellen Fleck in der Bildmitte- ein sehr massereiches Schwarzes Loch!

Von der Quelle Sagittarius-A-West gehen starke Materieströmungen aus, allerdings ist noch nicht bekannt, ob sie wegdriften oder vom Zentrum akkretiert werden. Das Zentrum könnte hypothetisch auch aus vielen heißen, jungen Sternen bestehen, welche das umgebende Gas ionisieren, jedoch ist ein Schwarzes Loch wahrscheinlicher. Denn Sterne in solch dichter Packung wären längst zu einem kompakten Objekt kollabiert. Eine Akkretionsscheibe ist imstande, durch die enorme Reibung der Scheibenmaterie diese auf sehr hohe Temperaturen aufzuheizen und damit umgebende Gas/Staubwolken anzuregen. Magnetfelder der Materie werden in der Akkretionsscheibe stark komprimiert, diese sind dann in der Lage, Elektronen bis fast auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen, wodurch die beobachtete Synchrotronstrahlung emittiert wird. Aus den Bewegungen der umgebenden Sterne und Materiewolken kann man auf die Masse des zentralen Schwarzen Lochs schließen, sie dürfte nach aktuellen Messungen bei etwa 3,6 ± 0,3 Millionen Sonnenmassen liegen. Diese sind in einem Bereich von nur rund 11 Millionen [km] Durchmesser vereint, dem Schwarzschildradius eines statischen Schwarzen Lochs. Sollte es rotieren, wovon schon allein aufgrund der bislang aufgesammelten Materie (Drehimpulsübertragung) dringend ausgegangen werden muss, ist das Gebilde noch deutlich kompakter. Zwar ist noch nicht endgültig bewiesen, dass solch ein Gravitationsmonster das galaktische Zentrum bewacht wie eine Spinne ihr Netz. Jedoch gibt es kaum eine alternative Erklärung. In Frage kämen hier lediglich so genannte Grava- oder Holosterne, diese rotieren jedoch nicht.

Die im zentralen Bereich erzeugte millionenfache Sonnenleuchtkraft kann durch Einströmen von nur etwa 10-6 Sonnenmassen pro Jahr erzeugt werden. Allerdings befindet sich unser Milchstraßenzentrum im Winterschlaf, vergleicht man es mit anderen Galaxien. Viele weit entfernte und damit junge Sternsysteme weisen die so genannten AGN's auf (engl., Active Galactic Nuclei, aktiver galaktischer Kern), die vielfach die ganze Galaxie überstrahlen. Auch dort werkeln supermassereiche Schwarze Löcher in den Zentren, allerdings mit wesentlich höheren Akkretionsraten als es in unserer Galaxis der Fall ist.


Durch die hohe Strahlungsintensität und Materiedichte im Zentrum wird vermutlich die Bildung vieler Moleküle begünstigt. So konnte man ausgedehnte Kohlenmonoxidwolken (CO) entdecken. Die intensivste Strahlungsquelle ist jedoch die oben genannte Quelle Sagittarius A*. Sie ist höchstwahrscheinlich auch identisch mit dem gravitativen Zentrum der Milchstraße. Weitere Strahlungsquellen in der näheren Umgebung werden mit Sagittarius B, B2 usw. bezeichnet. Auch hier erkennt man Strukturen großer Materiebewegungen.

Das galaktische Zentrum
Das galaktische Zentrum

Diese Aufnahme des VLA (very large array) in Socorro, New Mexico, zeigt die Lage der einzelnen Radioquellen im galaktischen Zentrum bei einer Wellenlänge von 1 [m]. Deutlich tritt die Aktivität der Quelle Sagittarius A hervor. In einem Abstand von nur 17 Lichtstunden umläuft der dem Zentrum nächste Stern S2 selbiges in nur 15 Jahren. In einem halben Lichtjahr Distanz stößt man auf eine Ansammlung von in 100 Jahren umlaufenden Sternen, zu der sogar ein weiteres, 1300 Sonnenmassen schweres Schwarzes Loch gehört. Aufnahmen vom Chandra- Röntgenteleskop lassen sogar vermuten, dass im Abstand von 70 Lichtjahren 10 000 oder 20 000 weitere Schwarze Löcher das Zentrum umrunden.

Mit freundlicher Genehmigung von N. E. Kassim, D. S. Briggs, T. J. W. Lazio, T. N. LaRosa, J. Imamura (NRL/RSD)

Die Dichte der Gas- und Staubwolken im Zentrum ist mit 1012 Atomen je [cm3] sehr hoch im Vergleich zu üblicher Interstellarer Materie. An der allgemeinen Rotation nimmt die Materie der Kernregion nicht Teil, was man als Zeichen höchster Aktivität deutet. Im Bereich unter 10 [pc] steigt die Materiedichte soweit an, dass die Wolken instabil werden, was zu einer hohen Sternentstehungsrate führt. Hier bilden sich sehr schnell massereiche Sterne, die sich wiederum schnell entwickeln und an ihrem Ende durch heftige Supernovaexplosionen das galaktische Zentrum zusätzlich erschüttern.


Die fantastische Technik heutiger Großteleskope macht es möglich:

Das galaktische Zentrum
Das galaktische Zentrum
Wir schauen in einer beeindruckenden Aufnahme der Infrarotkamera NACO der ESO, eine Kombination aus einer Infrarotkamera (CONICA) und einem Gerät (NAOS), welches während der Aufnahme die Störungen durch die Unruhe der Atmosphäre ausgleicht, auf die inneren 2 Lichtjahre der Milchstraße. Durch Pfeile gekennzeichnet ist das absolute Zentrum SgrA*. Das Bild ist eine Kombination von Aufnahmen dreier verschiedener Wellenlängen zwischen 1,6 and 3,5 [µm], gewonnen mit dem 8,2 [m]- Teleskop YEPUN. Die zu sehenden Sterne stehen in der Nähe des Zentrums, ihre Farbe zeigt ihre Temperatur an: Blau sind heiße Sterne, rot kühlere.

Mit freundlicher Genehmigung der ESO

Heißes Plasma im Zentrum
Heißes Plasma im Zentrum
Während man die Infrarotwellenlängen benutzt, um Bewegungen von Sternen um das galaktische Zentrum zu erschließen, dienen Radiowellen (siehe weiter oben, VLA) und Röntgenstrahlung zur Detektion Interstellarer Materie. Wir sehen in einer Falschfarbenaufnahme des Chandra- Observatoriums einen Bereich von 130 Lichtjahren um das galaktische Zentrum. SgrA* ist in der hellsten Stelle der Bildmitte zu finden. Wie zu erkennen, ist das Milchstraßenzentrum eine energiereiche Region von über 2000 entdeckten Röntgenquellen, eingebettet in ein einige Millionen Grad heißes Plasma von Dutzenden Lichtjahren Ausdehnung. Man hat während der 164 Stunden dauernden Belichtungszeit quasi das Alltagsleben des Schwarzen Lochs beobachtet, welches gekennzeichnet ist von mehreren Ausbrüchen und unterschiedlich großen Explosionen während dieser Zeit, die wohl direkt in der Nähe des Ereignishorizontes stattfanden. Zwar wissen wir noch nicht genau, welche dramatischen Ereignisse sich dort abspielen, doch ist unser Schwarzes Loch im Zentrum im Vergleich zu anderen Galaxien eher ein "ruhiger Vertreter". Ausbuchtungen im Plasma, die 20 Millionen Grad heiß sind und Dutzende Lichtjahre entfernt zeigen den Astronomen allerdings, dass in den vergangenen 10 000 Jahren einige gewaltige Explosionen stattgefunden haben müssen.

Mit freundlicher Genehmigung von Fred Baganoff (MIT), Mark Morris (UCLA) et al., CXC, NASA

Bahn des Sterns S2
Bahn des Sterns S2
Das bereits oben erwähnte Instrument NACO der ESO zeigt uns nochmals das Milchstraßenzentrum mit der kompakten Radioquelle SgrA* (Kreuz im linken, Kreis im rechten Bild). Zwischen 1992 und 2002 wurde die Bahn des Sterns S2 beobachtet (auch mit anderen Instrumenten, wie z.B. dem Keck- Teleskop), die einzelnen Positionsmessungen ergeben eine stark elliptische Bahn (Exzentrizität: 0,87!). Die Größe der Kreuze spiegelt die Messungenauigkeit wider. 2002 erreichte S2 seine größte Annäherung an das galaktische Zentrum, er war hier 17 Lichtstunden (1,84 · 1010 [km]) entfernt, das ist etwa der dreifache Radius der Plutobahn. Hier hatte der Stern eine Bahngeschwindigkeit von 5000 [km/s], 200 Mal so schnell wie die Erde auf ihrer Bahn. Ein Umlauf dauert genau 15,2 Jahre, wobei sich der Stern bis zu 10 Lichttagen vom Zentrum entfernt (2,6 · 1011 [km]).

Mit freundlicher Genehmigung der ESO

Gaswolke G2
Gaswolke G2
Neben einer Gruppe von Sternen, die das 4 Milliarden Sonnenmassen schwere Schwarze Loch im Milchstraßenzentrum umkreist, fand man dort eine rätselhafte staubige Gaswolke. Bezeichnet einfach als G2, verfolgte man über Jahre gebnt mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO ihre Annäherung an den Gravitationsmoloch. Man hatte vermutet, dass aufgrund der starken Gezeitenkräfte in der Nähe des Zentrums die Wolke zerfetzt und mit einem Teil ihrer Materie das Loch gefüttert wird. Die größte Annäherung der Wolke fand dann 2014 statt. Doch anstatt dem Monster zu einer seiner seltenen Mahlzeiten zu verhelfen, blieb die Wolke unversehrt. Deshalb vermutet man jetzt, dass es sich doch nicht um eine einfache Gaswolke handelt, sondern um ein kompakteres Gebilde mit einem massiven Kern. Bei Annäherung an das Loch entfernte es sich mit 10 Millionen [km/h] von der Erde, nach Umrundung des Zentrums kommt sie mit 12 Millionen [km/h] auf die Erde zu.

Mit freundlicher Genehmigung der ESO/A. Eckart


Die Vorgänge im Zentrum unserer Galaxie sind sehr komplex und vielfältig und ihre Bewertung ist trotz unserer weit fortgeschrittenen Beobachtungstechnik noch immer unsicher. Jedoch beobachten wir auch in vielen anderen Galaxien Aktivitäten in deren Zentren. Abhängig sind diese Aktivitäten scheinbar auch von der Größe der Galaxie. In jedem Fall aber werden an solchen Orten ungeheure Energiemengen um- und freigesetzt, die man nur durch extreme gravitative Einwirkung auf Materie erklären kann. Und, wie bereits öfter angedeutet, können derartig massive Gravitationsfelder nur von Schwarzen Löchern ausgehen, es gibt im Kosmos keine Alternativen hierzu. Sicherlich werden in den Zentren solcher Aktivitäten auch starke Gravitationswellen erzeugt, sie werden uns bestimmt einmal viel zu erzählen haben über die geheimnisvolle Nabe unserer Galaxis.

Zum Abschluss noch einige Daten zu unserer Milchstraße:

Hubble- TypSBc
Radius17 (23?)[kpc]
Kern5 [kpc]
Balken8,3 [kpc]
Scheibe1 [kpc]
Halo100 [kpc]
Korona200 [kpc] ?
Abstand Sonne-Zentrum7,7 [kpc]
Abstand Sonne-Ebene12 [pc] nördlich
Geschwindigkeit der Sonne225 [km/s]
1 Umlauf um das Zentrum210 Millionen Jahre
Gesamtmasse (leuchtend)2 · 1011- 1012 Sonnenmassen
Scheibenmasse1,8 · 1011 Sonnenmassen
Dunkle Materie1 Billion Sonnenmassen ?
Massenanteile:
Sterne heller als M = +3:11%
Sterne schwächer als M = +3:85%
Interstellares Gas:4%
Interstellarer Staub:0,24%
Anzahl Kugelhaufen200- 300
Anzahl offener Haufen30 000