Ich wünsche allen ein gesundes neues Jahr 2021!
@ Skeltek
Die freie Energie wird dem zugeführten Stoff entnommen und entspricht zunächst der Energiedifferenz der zugeführten und ausgeschiedenen Stoffe. Das ist klar. Daß die freie Energie pro chemisch ablaufender Reaktion bei der Weitergabe an andere Moleküle immer etwas abnimmt ist auch klar. Aber auch wenn man feststellt, daß die freie Energie 'durchgereicht' wird, bis sie am Ende vollständig in Wärme umgewandelt ist, erklärt für sich alleine betrachtet trotzdem nicht wirklich die Anordnung der Moleküle zu Strukturen.
Wie genau sorgt jedoch nun die Einspeisung der freien Energie in das Stoffgemisch dafür, daß der Entropiezuwachs durch Temperaturerhöhung durch die Erschaffung einer strukturellen Ordnung überkompensiert wird? Das Wort 'frei' ist ja eine schöne Klassifizierung nach Gibbs, aber mehr als eine Bezeichnung ist es nicht, wenn man nicht auch erklärt, wie diese nun genau für die Strukturemergenz sorgt.
Das ist ein sehr wichtiger Hinweis, der noch einmal schön zum Ausdruck bringt, dass energetische Entropiereduktion durch Stoff- und Energiewechsel zwar ein notwendiges, aber keineswegs hinreichendes Kriterium dafür ist, lebende von nicht lebenden Systemen zu unterscheiden. Es genügt also nicht, festzustellen, dass sich Lebewesen von "Negentropie" ernähren, um sich in ihrem Bestand zu erhalten (was Schrödinger getan hatte), es muss noch hinzukommen, dass es einen Mechanismus gibt, der mit Hilfe der "freien Energie" die Strukturen reproduziert, die für das lebende System notwendig sind.
Auch dazu hatte Schrödinger einen Vorschlag unterbreitet, der auf das hinausläuft, was wir als DNA kennen: einen "aperiodischen Kristall" (analog zur Basensequenz der DNA, die keinen vorgegebenen Anordnungsregeln folgt, da die Abfolge der Basen prinzipiell beliebig sein kann) und eine "Schlüsselschrift" (analog zum genetischen Code, über den die Zuordnungen von Aminosäuren, aus denen sich die Proteine zusammensetzen, zur Basensequenz der DNA festgelegt ist).
Daraus folgt, dass es eine Mechanik auf molekularem Niveau geben muss, die die "freie Energie" in eine verwertbare Form umwandelt (in der Zelle ist das in der Regel ATP) und eine Mechanik, die diese verwertbare Form von Energie dazu verwendet, um Moleküle aufzuspalten bzw. neu zusammenzusetzen, inklusive der Reproduktion der Moleküle, die das bewirken können und aus denen sich die molekulare Mechanik zusammensetzt. Da in der Zelle die Proteine eine Schlüsselstellung in der molekularen Mechanik einnehmen, stellt die Reproduktion der Proteine hier den Kernprozess dar, der die Maschinerie des Lebens am Laufen hält.
Meine Analogie einer Maschinenfabrik, die Maschinen herstellt, die die Maschinenfabrik reproduzieren, indem sie beständig gewartet und repariert wird mit Hilfe eines Stoffdurchstroms, der Rohstoffe reinlässt und Abfallstoffe rauslässt, berührt genau diesen Aspekt des Lebens: Neben dem Zustrom von Energie, die man zur akiven Entropiesenkung benötigt, ist das Vorhandensein einer passenden Mechanik notwendig, die diese Entropiesenkung in Gestalt geordneter Strukturen und Prozesse bewirken kann und selber in diesen Reproduktionsprozess eingebunden ist.
Vielleicht kann man dazu ja noch etwas detaillierter diskutieren.