Planetenentstehung

Der genaue Mechanismus, welcher zur Entstehung von Planeten aus einer ursprünglichen Staub- und Gaswolke führt, ist bis zum heutigen Zeitpunkt noch nicht eindeutig geklärt.

Extrasolare Planetenentstehung
Extrasolare Planetenentstehung
Aber durch die ungeheuer vielen Beobachtungsdaten vor allem der Weltraumteleskope Hubble und Chandra sowie von unseren Großteleskopen an sternumgebenden Staubscheiben wird das nachfolgende Modell weitgehend gestützt, welches die Entstehung des Sonnensystems beschreibt. Dennoch ist die Bildung von Planeten ein "riskantes Unterfangen", wie nebenstehende Aufnahmen des Hubble- Teleskops zeigen. Staubscheiben von Sternen im Orion, in denen augenscheinlich Planetenentstehung begonnen hat, werden vom intensiven UV- Licht der Zentralsterne überflutet.

Mit freundlicher Genehmigung von NASA, J. Bally (University of Colorado, Boulder, CO), H. Throop Southwest Research Institute, Boulder, CO), C.R. O'Dell (Vanderbilt University, Nashville, TN)


Wie aus solchen Beobachtungen hervorgeht, ist die Bildung von Planeten keine Seltenheit, wir wissen ja von inzwischen weit über 1000 aufgespürten extrasolaren Planeten, deren Zahl sich fast täglich vergrößert. Man kann in vielen Sternentstehungsstätten, wie z.B. T Tauri, Staubscheiben beobachten woraus sich ableiten lässt, dass die Entstehung unseres Sonnensystems nicht ein einmaliges Ereignis war, weder in der Milchstraße noch im Universum insgesamt. Im Gegenteil, dort wo Sterne gebildet werden, entstehen auch Planeten, Monde, Asteroiden, Kometen...

Staubscheibe um T Tauri
Staubscheibe um T Tauri
In einigen Millionen Jahren wird nach dem Zünden der Kernfusionen im System T Tauri (Stier) ein neuer sonnenähnlicher Stern erstrahlen. Bis dahin erschließt sich uns hier ein Beobachtungslabor, in welchem komplizierte gravitative Prozesse vielleicht Planeten entstehen lassen, Jets ins All schießen und die Staub- und Gaswolke sich weiter verdichtet oder vom Sternwind ins All geblasen wird.

Mit freundlicher Genehmigung von C. & F. Roddier (IfA, Hawaii), CFHT

Die Planeten unseres Sonnensystems weisen alle nahezu kreisförmige Umlaufbahnen auf, und diese liegen auch ungefähr in einer Ebene. Wie kann das sein?

Es gibt hierzu eine natürliche Erklärung: Die Sonne und ihre Planeten entstanden gemeinsam aus einer einzigen, gravitationsinstabilen Gas- und Staubwolke. Wenn eine solche Wolke rotiert, so nimmt sie die Form einer Scheibe an. Bildet sich in deren Zentrum ein massearmer Stern wie die Sonne, so geht der Hauptdrehimpuls auf die zirkumstellare Materie (die den Stern umkreisende Materie) über. Das erkennt man daran, dass die Planeten zusammen nur 1/750 der Sonnenmasse aufweisen, die Sonne selbst aber nur 1/200 des Gesamtdrehimpulses. Alle mitentstandenen Planeten haben also die ursprüngliche Drehrichtung der Wolke beibehalten. Aufgrund der scheibenförmigen Ausbildung der Wolke liegen die entstandenen Planeten annähernd in einer Ebene. Bei massereichen Sternen dagegen kommt der Hauptdrehimpuls dem Zentralkörper zu, es werden hier also kaum Planeten anzutreffen sein. Dagegen spricht auch der extrem starke und recht früh einsetzende Sternwind dieser Spezies, der alle umgebende Materie fortweht.


Die interstellare Wolke hatte also einen bestimmten Drehimpuls (welcher ursprünglich von der Rotation der Galaxie stammt) und außerdem ein schwaches Magnetfeld. Ihre chemische Zusammensetzung entsprach etwa der mittleren Verteilung der Elemente, wie man sie heute auch noch im Kosmos findet. Weiterer Drehimpuls stammt aus den Stößen der Teilchen untereinander. Wenn zwei Teilchen kollidieren, so werden sie sich nicht stets genau mittig treffen, sondern viel häufiger seitlich zusammen prallen. Hierdurch wird letzten Endes kinetische Energie in Rotation umgewandelt.

Nun beginnen einzelne Staubteilchen sich zusammenzulagern, was überwiegend durch sanfte Kollisionen geschieht. Die sich bildenden Zusammenballungen gewinnen immer mehr an Größe, womit jetzt zunehmend gravitative Einflüsse zur Geltung kommen. Es entstehen unzählige Bruchstücke im Bereich von 100 bis 1000 [m], das beweisen uns heute noch die vielen Einschlagkrater auf Merkur, Mond und Mars.

Merkur
Merkur

Eine Aufnahme von Mariner 10 aus dem Jahr 1974 zeigt uns die vielen Einschlagkrater von Bruchstücken in der Frühzeit des Planeten. Mit 4800 [km] Durchmesser ist Merkur nur wenig größer als unser Mond (3500 [km]). Seine Oberflächentemperatur liegt zwischen
- 180 [°C] und über 400 [°C]. Die Ähnlichkeit zum Mond ist verblüffend.

Mit freundlicher Genehmigung von Mariner 10, NASA


Die Wolke besteht ja aus einem Gemisch von Gas und Staub, und die enthaltenen Staubteilchen fungieren als Kondensationskeime. Ähnliches geschieht in einer Wolke, wenn verdunstetes Wasser aufsteigt, abkühlt und sich feine Tröpfchen an winzigen, in der Luft schwebenden Staubteilchen kondensieren - erst dann kann es regnen.

Staubwolken im Cepheus
Staubwolken im Cepheus
Ein Sternentstehungsgebiet in der nördlichen Milchstraße, Region Cepheus in 3000 Lichtjahren Entfernung. Staubwolken werden durch Sternlicht erhellt, weil deren UV- Anteil die Elektronen atomaren Wasserstoffs anregt und sie beim Einnehmen ihrer ehemaligen Energieniveaus Photonen rötlichen Lichts aussenden. So können wir einen Blick auf dunkle Staubwolken werfen, welche die Geburtsstätten neuer Sterne und Planeten sind.

Mit freundlicher Genehmigung von Arne Henden (US Naval Observatory, Flagstaff), Image Processed by Al Kelly

In den inneren Bereichen des Urnebels sind die Temperaturen naturgemäß höher, weil hier die Reibung zwischen den Teilchen größer ist. In diesen Zonen kondensieren schwerflüchtige Verbindungen, die Kondensate bezeichnen wir heute als Gesteine. Weiter außen sind die Temperaturen so niedrig, dass auch leichtflüchtige Moleküle wie Wasser, Ammoniak und Methan zu Eis kondensieren können, hieraus bilden sich die Gasplaneten.

Die Urnebelwolke kollabiert
Die Urnebelwolke kollabiert
Die Wolke des Urnebels kollabiert. Im Zentrum hat sich bereits die Sonne gebildet, in welcher aber noch keine Kernreaktionen gezündet haben.

Quelle: Uni Tübingen


Die Teilchen wachsen nun langsam weiter, aber je schwerer sie werden, umso schlechter können sie vom Gas mitgeschleppt werden. Die Folge: sie sinken in Richtung der Symmetrieebene der sich durch die einsetzende Rotation der Wolke bildenden Scheibe, und sorgen hier für eine konzentrierte Partikelansammlung. Um einen Durchmesser von etwa 1 [m] zu erreichen, benötigt ein Teil mehrere Hunderttausend Jahre, aber schon in nur 1000 weiteren Jahren ist es auf 100 bis 1000 [km] angewachsen. Nun kommt es auch immer wieder zu Zusammenstößen, wodurch manche der Brocken zertrümmert werden. Allerdings sind größere Bruchstücke bereits in der Lage, durch ihre Gravitation kleinere anzuziehen und damit das Wachstum fortzusetzen. Übrigens ist ein Durchmesser von etwa 400 [km] die Grenze, an der ein Körper noch eine beliebige, unregelmäßige Form annehmen kann. Darüber hinaus wird er in die Kugelform gezwungen.

Planetesimale (Planetenkeime) von 100 bis 1000 [km] waren sicher noch von größeren Gasmassen der Urwolke umgeben, weshalb sie weitere Staubpartikel auch ohne großen gravitativen Einfluss einfangen konnten. Für die Entstehung der erdähnlichen Planeten waren so nur wenige Millionen Jahre erforderlich, auch die Bildung der Riesenplaneten war vor Ablauf von etwa 10 Millionen Jahren abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt begann die Sonne zu erstrahlen, nachdem zuvor die ersten Kernfusionen zündeten und die Reaktionsrate ständig weiter anstieg. Jetzt aber bereitete der erste starke Sonnenwind der weiteren Planetenbildung ein Ende, indem er lose gebundenes Gas und Staub fort blies. Das Sonnensystem wurde durchsichtig. Trotzdem konnten in den weit entfernten, kalten Außenbereichen eisartige Körper den Angriffen der jungen, wilden Sonne widerstehen, wie etwa die Satelliten von Saturn und Uranus, oder die vielen Milliarden von Kometen.


In Abhängigkeit von ihrer Masse waren die Protoplaneten noch von Teilen des Gases der Urwolke umgeben, welches sie gravitativ als Atmosphäre an sich banden. Nahe der Sonne war das durch die hohe Temperatur und den Sonnenwind natürlich schwierig, so dass die Atmosphären hier recht spärlich ausfielen. Die sonnenfernen Planeten standen sich besser, ihr Masseanteil an Gas war um ein Vielfaches größer als ihre festen Kerne, weshalb sie eine wesentlich geringere mittlere Dichte als die inneren Planeten aufweisen.

Es lässt sich nur schwer in einem Modell darstellen, wie die endgültigen Planetenmassen zustande kamen, zu viele Faktoren wie Temperatur, Dichte, Staubgehalt, Wachstumsgeschwindigkeiten und Restgasmengen spielen hier eine Rolle.

Staubscheiben im Orion
Staubscheiben im Orion
Weitere Beispiele für Urnebel aus dem Gebiet des Orion- Nebels. Die kontrahierenden Wolken hatten einen bestimmten Anfangsdrehimpuls, woraus sich bei fortschreitender Verdichtung eine scheibenförmige Anordnung der Materie ergibt. In diesen Scheiben entstehen neue Planeten, auf denen vielleicht in etlichen Millionen Jahren neues Leben entsteht.

Mit freundlicher Genehmigung von C. R. O'Dell and S. K. Wong (Rice U.), WFPC2, HST, NASA,


Je größer die Masse der Planeten wurde, umso schneller konnten sie Partikel und Bruchstücke einfangen. Dabei wurde die kinetische Energie beim Aufprall als Wärme freigesetzt, die Planeten wurden dadurch immer heißer. Dies war die stürmischste Phase in der Planetenentwicklung: In etwa 100 bis 200 Millionen Jahren wurden die einzelnen Körper durch die gegenseitige Anziehungskraft auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt, die Zusammenstöße so immer heftiger. Waren die Planeten bis jetzt nur ein loser Verbund einzelner Bruchstücke, so konnte sich nun durch die einsetzende Schmelze ein Planetenkern festen Zusammenhalts bilden. Unter diesen Bedingungen traten chemische Reaktionen auf, neue Verbindungen entstanden und durch Sedimentation sanken die schweren Bestandteile immer tiefer. Wahrscheinlich enthalten die meisten Planeten einen Kern aus Eisen (und Nickel), wogegen die neu entstandenen leichteren Silikate aufschwammen.

Es sind nun etwa 500 Millionen Jahre vergangen. Die Sonne hat inzwischen durch ihren Wind die Uratmosphären der sonnennahen Planeten und restliche Staub- und Gasanteile der Scheibe aus dem Planetensystem geblasen.

Planetensystem wird durchsichtig
Planetensystem wird durchsichtig
Im Innern der Sonne laufen jetzt die Kernfusionen ab, sie ist als der Zentralstern des Systems erstrahlt und bläst durch ihren starken Wind die Reste der Urnebelwolke ins All.

Quelle: Uni Tübingen

Die entfernteren Riesenplaneten haben jedoch ihre Urnebel- Atmosphäre bis heute behalten, der in diesen Zonen geschwächte Sonnenwind kann den gravitativ stark gebundenen Gasen nichts anhaben. Die meisten kleineren Bruchstücke sind von den Planeten eingefangen worden und die Erde wird bereits vom Mond umkreist, der nach neuen Erkenntnissen vermutlich durch Kollision mit einem marsgroßen Körper aus ihr gerissen wurde.

Nach einer etwas unruhigen Anfangsphase betritt die Sonne nun den Hauptast im HR- Diagramm und verbrennt ab jetzt ruhig und gleichmäßig ihren Wasserstoffvorrat. Der Sonnenwind lässt nach, und auf den erdähnlichen Planeten entgasen nun die heißen Schmelzen und es setzt vulkanische Aktivität ein. Dabei werden enorme Gasmengen freigesetzt, darunter Wasserdampf, Kohlendioxid und Stickstoff. Nach weiteren langen Jahren der Abkühlung beginnt nun die Kondensation des Wasserdampfs - erste Meere bilden sich. In ihnen lösen sich große Teile des Kohlendioxids, woraus dann unlösliche Verbindungen mit Alkali- und Erdalkalimetallen, wie Kalium, Magnesium usw. entstehen, die man heute in den Sedimentgesteinen findet.

Planeten können in vielen Größen entstehen
Planeten können in vielen Größen entstehen
Die Vielfalt, mit welcher Planeten entstehen können, zeigt sich bereits in unserem Sonnensystem. So unterschiedlich sie auch sind, scheint ihre Entstehung doch gewissen Regeln unterworfen zu sein.

Mit freundlicher Genehmigung des Jet Propulsion Laboratory


Die zweite, neue Atmosphäre der Erde enthielt nur wenig Sauerstoff, vielleicht 0,1 %. Dieser entstand durch Fotodissoziation (Aufspaltung) des Wasserdampfes infolge der kräftigen UV- Strahlung. Höher konnte der Sauerstoffgehalt nicht steigen, weil er selbst den UV- Anteil des Lichts absorbierte (Bildung von Ozon). Erst durch die einsetzende Fotosynthese von Pflanzen wird die Atmosphäre mit Sauerstoff angereichert, wobei sich gleichzeitig der Kohlendioxidanteil reduziert, da er von den Pflanzen assimiliert wird. Kleine Planeten innerhalb der Ökosphäre verloren bald ihre vulkanischen Atmosphären vollständig oder teilweise, da ihre Gravitation zu gering war. Die erdähnliche Venus konnte sie zwar an sich binden, ist jedoch zu heiß, als dass auch nur primitivstes Leben hätte entstehen können.

Die inzwischen entdeckten extrasolaren Planeten sind in der überwiegenden Zahl jupiterähnliche Gasriesen. Dies einfach aus dem Grund, weil sie leichter zu entdecken sind, als kleinere, erdähnliche Planeten. Jedoch ist inzwischen eine ganze Reihe von Supererden bekannt. Die bisher gefundenen Gasriesen besitzen zum Teil Umlaufbahnen, die zehnmal enger sind als die des Merkur. Die Wissenschaftler sind damit gezwungen, die Theorie der Planetenentstehung neu zu formulieren. Denn die Scheibe des Urnebels kann eigentlich in solch engem Abstand vom Stern nicht genügend Materie enthalten, um solche Gasriesen entstehen zu lassen, sie würde dem Stern zukommen. Selbst wenn das aber der Fall wäre, könnte sich kein Gasplanet bilden, denn er braucht Eis und Kälte zu seiner Entstehung. Es sind jedoch Situationen vorstellbar, in denen Gasriesen aus ihrer ursprüngklichen Bahn abgelenkt und ins innere System gesteuert werden.

Ypsilon Andromeda
Ypsilon Andromeda

Um den Stern Ypsilon Andromeda kreisen 3 jupiterähnliche Planeten. Der innere Gasriese steht näher beim Stern als Merkur, der zweite hat etwa Erdabstand, während nur die Umlaufbahn des dritten im Bereich des Jupiter liegt, wozu er nach oben aufgezeigtem Modell auch "berechtigt" ist. Solche Planetensysteme zwingen uns dazu, unser bisheriges Bild der Planetenentstehung neu zu überdenken.

Mit freundlicher Genehmigung von Sylvain Korzennik und Lick- Observatorium.

Im Grunde stehen wir noch am Anfang einer schlüssigen Theorie der Planetenentstehung. Glaubten wir zunächst, die Entstehung des Sonnensystems gut verstanden zu haben und meinen, es müsse überall so sein, so führen uns heute die vielen entdeckten, extrasolaren Planetensysteme vor Augen, dass die Natur so vielfältig ist wie das Universum groß.