Die ersten Sterne

Entstehung der ersten Sterne

Kosmische Rätsel

Sterile Neutrinos?

Dunkle Sterne?

Entstehung der ersten Sterne

Können Sie sich ein Universum vorstellen, in welchem es keine Planeten, Monde und Sterne gibt? Seinerzeit, etwa 100 bis 250 Millionen Jahre nach dem Urknall bestand das Universum aus nichts anderem als rund 75 % Wasserstoff und 25 % Helium (sowie Spuren von Lithium). Es war finster, kein Licht erhellte das nur aus genannten Gasen bestehende All, es gab keine anderen Elemente und schon gar keinen Staub (wir sahen bei der Sternentwicklung, wie wichtig der Staub ist, wenn es darum geht, eine kontrahierende Gaswolke zu kühlen). In diesem Szenario haben sich dennoch die ersten Sterne der Population III bilden können (Population I sind junge, metallreiche Sterne, metallarme alte gehören der Population II an; Astronomen bezeichnen alle chemischen Elemente die schwerer als Helium sind als "Metall"). Was aber war der Auslöser von Kontraktionen? Der beispielsweise von Supernovae ausgehende Druck kam nicht in Betracht, es gab ja noch keine Sterne. Und, wenn es trotzdem zu Kontraktionen kam, gab es einen Kühlungsmechanismus? Wie also war überhaupt die Sternentstehung möglich?

Die ersten Sterne
Die ersten Sterne
Fragen wir uns aber zunächst einmal, ob wir bei einem Blick ins Universum überhaupt noch Sterne entdecken können, die der allerersten Generation angehören. Und wie können wir sie von anderen, jüngeren Exemplaren unterscheiden?

Nun, das ließe sich durch spektroskopische Untersuchungen des Sternlichts bewerkstelligen. Wenn die ersten Sterne nur aus Wasserstoff und Helium bestanden, dürfte man im Spektrum keine anderen Metalle (Elemente) erkennen. Zwar werden im Innern eines solchen Sterns neue Elemente ausgebrütet, aber das Zentrum ist nicht konvektiv, d.h. durch Wärmebewegung wird nichts nach außen transportiert. Einen solchen Stern hat man bis jetzt noch nicht gefunden und das wird auch so bleiben: Sterne der Population III können nicht mehr existieren, wie wir jetzt sehen werden.

Ob so die ersten Sterne aussahen? Eine künstlerische Darstellung.
Mit freundlicher Genehmigung von Robert Hurt, SSC, JPL, CalTech, NASA


Aus Untersuchungen der kosmischen Hintergrundstrahlung wissen wir, dass es im frühen Universum Dichteschwankungen gab, man könnte sie als Klumpen in der Ursuppe bezeichnen.

Verteilung der Dunklen Materie im Universum
Verteilung der Dunklen Materie im Universum
Die Dunkle Materie spielte dabei sicherlich eine bedeutende Rolle, denn sie entstand zusammen mit der Materie. Während Dichteschwankungen der Materie immer wieder durch die Strahlung geglättet wurden (die Stöße der Photonen verhinderten das Zusammenballen von Teilchen), wechselwirkte die Dunkle Materie damit nicht. Sie entwickelte sich ungestört langsam zu einem Netzwerk aus filamentartigen Strukturen, entlang derer sich nach und nach die gravitativ angezogene Materie ansammelte. In den knotenartigen Verdichtungen konnten sich erste kleine Protogalaxien entwickeln. Diese lagerten sich dann zu Galaxien zusammen. Das Netzwerk aus Filamenten erkennt man noch heute, wenn man betrachtet wie die Galaxienhaufen im Universum verteilt sind. Auch in den Protogalaxien, die vielleicht 100 000 bis 1 Million Sonnenmassen besaßen, bestanden kleinere Filament- Netzwerke.

Im Bild ist die Verteilung der Dunklen Materie im Universum dargestellt, zu sehen ist ein Ausschnitt des Himmels von etwa 9facher Größe des Vollmonddurchmessers. Gewonnen aus Aufnahmen des Hubble- Weltraumteleskops wird uns vor Augen geführt, wie die Materie im Kosmos - also Gas, Staub, Sterne und Galaxien - in ein Grundgerüst aus Dunkler Materie eingebettet ist. Die Helligkeit der Klumpen zeigt die Dichte der Masseansammlungen an. Über 1000 Beobachtungsstunden waren nötig, um die bislang größte Übersicht der Verteilung Dunkler Materie zu gewinnen.

Mit freundlicher Genehmigung von NASA, ESA und R. Massey (California Institute of Technology)

Die Knoten zogen sich dann gravitativ zusammen. Hierdurch wurden die primordialen (= urzeitlichen) Gasklumpen auf über 1000 [K] erhitzt, wie aber konnte nun Kühlung einsetzen? Durch diese hohe Temperatur muss der Gasdruck doch derart hoch gewesen sein, dass eine weitere Kontraktion bis zum Stern ausgeschlossen war! Nun, der Wasserstoff war seinerzeit atomar, jedoch lagerten sich hin und wieder Atome zu molekularem Wasserstoff (H2) zusammen. Durch diese Verkleinerung des Volumens verringerte sich auch der in der Wolke herrschende Druck, die Gasdichte stieg an und erste Kontraktionen konnten einsetzen.

Strukturen im jungen Kosmos
Strukturen im jungen Kosmos

Wir sehen in einer Computer- Simulation die filamentartig angeordnete Materie im jungen Universum, im Alter von 1 Milliarde Jahre waren die Strukturen voll ausgebildet.

Die H2- Moleküle kollidierten öfter mit Wasserstoffatomen. Bei solchen Kollisionen werden durch die übertragene kinetische Energie die Elektronen angeregt. Sie verlassen ihren Grundzustand und nehmen ein höheres Energieniveau ein (im Bohrschen Atommodell sagte man noch, sie gelangen auf eine höhere Schale). Lange kann sich ein angeregtes Elektron aber nicht auf dem höheren Niveau halten, es fällt zurück und gibt dabei überschüssige Energie in Form eines Photons ab. Photonen sind nun nichts als kleinste Energiepakete und gleichzeitig kleinster Teil einer elektromagnetischen Welle. Auf diese Weise wird langwellige Infrarotstrahlung emittiert, wodurch die Wolken auf vielleicht 200 bis 300 [K] abkühlen konnten. Diese immer noch relativ hohe Temperatur sagt uns, dass die Jeansmasse der damaligen Wolken deutlich größer gewesen sein muss als es bei den heutigen GMC's (giant molecular clouds) der Fall ist. Und zwar um einen Faktor von bis zu 1000! Weil die Jeansmasse in einer GMC bei etwa einer Sonnenmasse liegt, musste ein Gasklumpen damals also rund 1000 Sonnenmassen aufweisen, um zu einem Stern zu kontrahieren. Dementsprechend waren die ersten Sterne der Population III Giganten von mindestens Hundert, ja möglicherweise bis zu 1000 Sonnenmassen. Ihre Entwicklung verlief rasend schnell und sie endeten schon nach 3 bis 4 Millionen Jahren in (Paarinstabilitäts-) Supernovaexplosionen. Das ist der Grund, weshalb heute kein Pop-III- Stern mehr existiert!

Mit freundlicher Genehmigung von Tom Theuns, MPA


Das Universum zur Zeit der Pop-III- Giganten muss einen eigentümlichen Anblick geboten haben. Durch ihre riesige Masse waren solche Sterne superempfindlich gegen kleinste Störungen. Nicht nur durch einen extremen Sternwind bliesen sie große Materiemengen ins All, immer wieder muss es auch gewaltige Ausbrüche gegeben haben, bei denen große Massen abgestoßen wurden. Der Stern Eta Carinae vermittelt uns einen kleinen Eindruck vom damaligen Schauspiel. Hatten die Atomkerne nach der Abkühlung des Kosmos (nach etwa 300 000 Jahren) endlich die Elektronen einfangen und damit neutrale Atome bilden können (Rekombination), so kam es jetzt wieder anders. Die Pop-III-Sterne waren aufgrund ihrer rasend schnellen Fusionen extrem heiß und strahlten deshalb überwiegend hochenergetische UV- Strahlung aus. Diese aber erhitzte das Gas wieder derart, dass die Elektronen erneut die Atomkerne verließen, wir sprechen jetzt vom Zeitalter der Reionisation (ca. 150 bis 400 Millionen Jahre) - das interstellare und intergalaktische Medium wurde wieder ionisiert.

Die ersten Sterne?
Die ersten Sterne?
Im Innern der ersten Sterne aber wurden bereits neue, noch nie im Universum gewesene Elemente ausgebrütet: Kohlenstoff, Sauerstoff, Silizium, Stickstoff und viele weitere betraten durch die Supernovaexplosion zum ersten Mal die kosmische Bühne. Sie reicherten nun das primordiale Medium mit Metallen an, welches fortan ganz andere Eigenschaften aufwies. In erster Linie wurden große Mengen an Sauerstoff und Kohlenstoff freigesetzt. Deren Atome kollidierten auch miteinander in den kontrahierenden Gaswolken, wobei sie wieder auf höhere Energieniveaus katapultiert wurden. Sie gelangten erneut zurück in den ursprünglichen Grundzustand, indem sie die überschüssige Energie in Form von Photonen emittierten. Die Energieunterschiede zwischen angeregtem und Grundzustand waren allerdings nicht sehr groß, deshalb spricht man hier von der so genannten Feinstrukturkühlung, die zur Temperaturabsenkung des Gases führte. Darüber hinaus gingen nach einer Weile die von allen Sternen ausgestoßenen Metalle chemische Verbindungen untereinander ein, z.B. verbanden sich Silizium und Sauerstoff zu Siliziumdioxid usw. Daraus der entstand zusätzlich der begehrte Staub für die Kühlungsprozesse nachfolgender Entwicklungen. Jetzt konnten Kontraktionen viel schneller einsetzen, die Jeansmasse verringerte sich und es konnten nur noch relativ massearme Sterne der Population II gebildet werden.

Mit freundlicher Genehmigung von David A. Aguilar, CfA


Kosmische Rätsel

Weil, wie wir sahen, die Sterne der ersten Generation so unvorstellbar massereich waren, mussten sie ihr höchst stürmisches Leben alsbald aushauchen. Wer sich schon etwas auskennt wird wissen, dass bei einem solchen Sternentod das Ende aus einem Schwarzen Loch bestehen kann. Derartige stellare Schwarze Löcher werden anfangs einige Sonnenmassen aufweisen. Ein großer Teil der Sternmaterie wurde zunächst als Sternwind und dann bei der Supernovaexplosion abgestoßen. Befindet sich diese Materie noch in der Nähe, so kann sie sogleich vom Schwarzen Loch wieder aufgesaugt, akkretiert, werden. Jetzt stoßen wir aber auf ein weiteres, ganz schwerwiegendes Problem:

In den Zentren weit entfernter Quasare stoßen wir auf Schwarze Löcher, die bereits eine milliardenfache Sonnenmasse aufweisen. Sie akkretieren aggressiv Materie, aber dies gelingt nur bis zu einer bestimmten Grenze. Je mehr Materie sich in einer Akkretionsscheibe einfindet, umso größer wird die Reibung und umso höher steigt die Temperatur. Am Ende wird durch die emittierte Strahlung ein solcher Druck ausgeübt, dass sogar Materie aus der Scheibe geschleudert wird. Die Akkretion gelingt also nur bis zu einem bestimmten Limit, dem so genannten Eddington- Limit. Ein Schwarzes Loch kann also nicht beliebig schnell anwachsen. Beobachten wir also einen Quasar in 12,9 Milliarden Lichtjahren Entfernung, so hat er ein Alter von gerade einmal 900 Millionen Jahren (das Universum hat ein Alter von 13,8 Mrd. Jahren; 12,9 + 0,9 = 13,8). Nun kann aber ein Schwarzes Loch in dieser relativ kurzen Zeit nicht durch Akkretion normaler Materie derart zunehmen, dass es so schwer wie Milliarden Sonnen wird. Hier muss etwas gänzlich anderes im Spiel gewesen sein!


Sterile Neutrinos?

Kleine Zwischenfrage: Wieso oder wodurch bekommen manche Neutronensterne bei ihrer Entstehung einen solchen "Tritt", dass sie mit extrem hoher Geschwindigkeit in einer Richtung davonfliegen?

Gitarren- Nebel
Gitarren- Nebel
Hier sehen wir den so genannten Gitarren- Nebel. In der Spitze des Konus bewegt sich ein Neutronenstern mit weit über 1000 [km/s] durch interstellares Gas. Er hinterlässt dabei eine Art Heckwelle, die von unserem Standpunkt aus wie eine Gitarre geformt erscheint. Der Gitarren- Nebel liegt im Sternbild Cepheus und ist nur 6,5 Lichtjahre von uns entfernt. Die Geschwindigkeit des Neutronensterns (der gleichzeitig auch ein Pulsar ist) und die Ausdehnung des Gebildes lassen auf ein Alter von nur etwa 300 Jahren schließen.

Mit freundlicher Genehmigung des Mount Palomar Observatoriums

Was also lässt die Neutronensterne so schnell werden? Viele von ihnen sehen wir mit mehreren Hundert Kilometern pro Sekunde fliehen, einige sogar wie oben gesehen mit bis zu 1600 [km/s]. Sicherlich ist es möglich, dass eine Supernovaexplosion nicht völlig kugelsymmetrisch verläuft und so in eine Richtung ein Rückstoß erzeugt wird, ähnlich dem eines Raketentriebwerkes. Doch es gibt eine viel elegantere Hypothese. Schuld am Kick, den der Neutronenstern erhält, könnten so genannte sterile Neutrinos sein. Bisher sind diese hypothetischen Teilchen noch nicht nachgewiesen. Das wird auch nicht leicht sein, da sie noch weniger mit Materie wechselwirken als "gewöhnliche" Neutrinos. So es sie aber gibt, könnten sich viele der bei einer Supernova- Explosion massenhaft ausgestoßenen "normalen" Neutrinos in die sterile Form umwandeln, die nicht mehr mit dem Sternrest im Zentrum wechselwirkt. Ursprünglich noch vom ungeheuer starken Magnetfeld des gerade entstandenen Neutronensterns in ihrer Richtung geprägt, entfliehen sie und wirken auf diese Weise wie ein Raketentriebwerk.

Die berechtigte Frage erhebt sich nun, was haben sterile Neutrinos mit den ersten Sternen zu tun? Die von Peter Biermann, Max-Planck-Institut für Radioastronomie, und Alexander Kusenko, University of California in 2006 aufgestellte Hypothese besagt, dass der Zerfall steriler Neutrinos die Bildung von Wasserstoff- Molekülen deutlich beschleunigt haben könnte. Die ersten Pop III- Sterne könnten demnach durch diesen Kühlungsmechanismus schon im kosmischen Alter von 20 bis 100 Millionen Jahren aufgeflammt sein.

Ein Blick in MiniBooNE
Ein Blick in MiniBooNE
Neutrinos sind die "komischen Käuze" im Teilchenzoo. Sie haben keine Ladung und wechselwirken kaum mit anderen Teilchen. Wir kennen 3 Arten, das Elektron- Neutrino, das Myon- Neutrino und das Tau- Neutrino. Irrerweise oszillieren sie dann auch noch von einer in die andere Art. In Experimenten des Liquid Scintillator Neutrino Detector am Los Alamos National Laboratory wurden schon 1995 Hinweise auf die Existenz der sterilen Neutrinos gefunden (steril deshalb, weil sie nicht der schwachen Wechselwirkung unterliegen wie die übrigen Neutrinos, sondern einzig durch die Gravitation wechselwirken). 2007 kam dann die Ernüchterung: Am Fermi National Accelerator Laboratory in Batavia wurden Strahlen von Myon- Neutrinos in einen riesigen Tank mit Namen MiniBooNE gelenkt, um zu sehen wie viele Elektron- Neutrinos dort entstanden. Im Bild sieht man einige der 1250 Fotomultiplier des mit Mineralöl gefüllten Detektors. Bei sehr seltenen Streuprozessen erzeugen Neutrinos im Öl Elektronen und Myonen, die schneller sind als die Lichtgeschwindigkeit in diesem Medium. Dadurch emittieren sie so genannte Tscherenkow- Strahlung, die registriert wird. Die Ergebnisse entsprachen jedoch vollkommen den Erwartungen des Standardmodells der Teilchenphysik. Es gab nicht einen einzigen Hinweis mehr, dass sterile Neutrinos tatsächlich existieren.

Mit freundlicher Genehmigung des Fermilab

Das war ein herber Rückschlag und man muss nun weiter nach dem "Stiefel" suchen, der den Neutronensternen den Tritt versetzt. Beim Urknall entstanden, hätten sterile Neutrinos auch ein wesentlicher Bestandteil der Dunklen Materie sein können, wenn ihre Masse nur wenige [keV] betragen würde. Sie könnten selbst nach einer weiteren Überlegung auch das Fehlen von Antimaterie im Kosmos erklären und ebenso das Entstehen der massereichen Schwarzen Löcher in den Galaxienzentren. Für all diese Rätsel fehlt nun doch wieder eine plausible Erklärung. Aber ganz muss man die Hoffnung noch nicht aufgeben. Die im MiniBooNE- Experiment nachzuweisenden sterilen Neutrinos hätten Massen im Bereich von 1 [eV] entsprochen. Hypothesen zufolge könnten sie jedoch auch einige [keV] und sogar nach anderen Modellen bis hin zu 1012 [GeV] "schwer" sein. Sehen wir, was die Zukunft in dieser Hinsicht bringt (Stand 2015: Auch nach vielen weiteren Experimenten noch keine Spur...). Zumindest für die Entstehung der massereichen Schwarzen Löcher bietet sich noch einen Alternative an, zu der nicht einmal Materie erfoderlich ist: So genannte Brill- Wellen, eine spezielle Form von Gravitationswellen, könnten im jungen Kosmos spontan zu Schwarzen Löchern kollabiert sein. Doch zurück zu den ersten Sternen:


Dunkle Sterne?

Wie wir weiter oben schon sahen, war die Bildung von Sternen im jungen Universum gar nicht so einfach, die Jeansmassen und damit diejenigen der Sterne waren unvergleichlich größer als es die heutigen Verhältnisse zulassen. In einer Wolke aus Wasserstoff und Helium kommt es also zu ersten Verdichtungen, es bildet sich eine abgeflachte Scheibe. Aus einer solchen Keimzelle, dem Protostern, ragen vielleicht noch 2 Spiralarme heraus und sie hat eine Masse von 1/10 der Sonnenmasse. Doch relativ schnell sammelt sich immer mehr an Masse an, bis im Zentrum des Geschehens Druck und Temperatur so weit angestiegen sind, dass Kernverschmelzungen einsetzen. Hierdurch wird alsbald eine enorme Energiemenge freigesetzt, die letztendlich das weitere Anwachsen verhindert: umgebende Gaswolken werden fort geblasen. Soweit das übliche Szenario der Sternentstehung.

Es könnte jedoch auch ein weiterer, gewichtiger Faktor eine Rolle bei der Bildung der ersten Sterne gespielt haben: Erneut die Dunkle Materie!

Ein ziemlich "heißer" Kandidat für die Dunkle Materie ist das Neutralino, das noch nicht nachgewiesene Superpartnerteilchen des Neutrinos. An den Stellen, an denen sich die Dunkle Materie verdichtete, könnten sich auch größere Mengen normaler Materie versammelt haben. Denkbar ist nun nach Paolo Gondolo, Physikprofessor an der Universität von Utah und anderen, dass in diesem Gemisch aus Dunkler und normaler Materie Paare aus Neutralinos und Antineutralinos untereinander interagierten und sich gegenseitig vernichteten (annihilierten). Dabei entstanden dann Quarks und Antiquarks, Neutrinos, Positronen und Gammastrahlung. Und Wärme! Während die Wasserstoffwolken das Bestreben haben, durch einen Kühlungsmechanismus Wärme zu verlieren um weiter kontrahieren zu können, bewirkt die Annihilation der Neutralinopaare das Gegenteil: Die Wolke wird erwärmt.

Dunkler Stern
Dunkler Stern
Zumindest einem Teil der ersten Sterne könnte solches geschehen sein. Durch das Erwärmen dehnt sich das Gas aus - der "Stern" bläht sich auf wahrhaft gigantische Abmessungen aus: Das Gebilde könnte eine Ausdehnung zwischen 4 und 2000 [AE] (Astronomischen Einheiten) einnehmen, entsprechend einer 400 bis 200 000fachen Sonnengröße. Das sind zwischen 600 Millionen und 300 Milliarden Kilometer, groß genug, um 15 000 Sonnensysteme wie unseres darin unterzubringen. Gondolo wollte diese Extraklasse von Sternen zunächst Braune Riesen nennen, weil sie nicht wie andere Sterne leuchten und nur im Infraroten sichtbar wären. Seine Co- Autoren bestanden jedoch darauf, sie nach dem gleichnamigen Song der Greatful Dead als Dark Star, also Dunkler Stern zu benennen. Schon 80 oder 100 Millionen Jahre nach dem Urknall konnten vermutlich die Dunklen Sterne entstehen und es ist denkbar, dass sie bis heute existieren. Man wird also Ausschau halten nach großen Gebilden, die im Infrarotlicht leuchten.

Diese künstlerische Darstellung vermittelt einen Eindruck vom möglichen Aussehen eines Dunklen Sterns, wenn man ihm im Infraroten betrachtet. Der Kern ist umhüllt von Wolken aus Wasserstoff und Helium.

Mit freundlicher Genehmigung der University of Utah

Der überwiegende Teil eines Dunklen Sterns besteht aus der normalen Materie, also Wasserstoff- und Heliumgas. Es ist allerdings auch denkbar, dass die Annihilation der Neutralinos nach relativ kurzer Zeit beendet war. Der Dunkle Stern könnte dann kollabiert sein - bis hin zum Schwarzen Loch, vermutet Gondolo. Somit hätten wir doch wieder eine brauchbare Erklärung für das Entstehen der supermassereichen Schwarzen Löcher in der Frühzeit des Universums. Andererseits werden nach der Neutralinovernichtung Kontraktionen einsetzen, bis schließlich Wasserstoff im Innern fusioniert und ein "richtiger" Stern der ersten Generation aufleuchtet, der umgebendes Gas fort bläst und den vorzeitigen Kollaps zum Schwarzen Loch verhindert.

Wir müssen wohl noch ein wenig abwarten, ob die vorausgesagten Teilchen wie Neutralino oder gar steriles Neutrino tatsächlich existieren. Moderne Teilchenbeschleuniger wie der LHC (Large Hadron Collider) am Cern werden womöglich in absehbarer Zeit Antworten liefern. Erst dann werden wir mehr über die ersten Sterne im Universum wissen, die den Weg bereitet haben zur Entstehung von langlebigen Sternen sowie Planeten. Leider können wir keinen einzigen Stern der Spezies Pop III auf unseren "Labortisch" legen (gemeint ist damit selbstverständlich ein Teleskop) um ihn eingehend zu untersuchen. Es gibt sie nicht mehr...

Weitere Informationen:
http://www.astro.caltech.edu/palomar/exhibits/images/guitar.htm
http://www.nu.to.infn.it/exp/all/boone/index.html
http://www.emis.de/journals/LRG/Articles/lrr-2001-2/node16.html
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/forschak/500722/#oben