Hallo zusammen,
seeker hat geschrieben: ↑12. Mai 2020, 16:36
Wie wird sichergestellt, dass alle dasselbe S wählen werden, noch bevor die konkrete Hutfolge bekannt/festgelegt ist?
Muss das überhaupt sichergestellt sein?
Ja, das muss sichergestellt sein.
ralfkannenberg hat geschrieben: ↑12. Mai 2020, 18:07
tomS hat geschrieben: ↑12. Mai 2020, 17:38
Die Argumentation ist nicht, dass sie sich
darauf einigen, dass nur endlich viele Sünder verdammt werden; sie einigen sich auf eine Auswahlfunktion, und dass stellt mit der Definition von F/~ sicher, dass nur endlich viele Sünder verdammt werden - OK, muss man zeigen, ist aber einfach.
ist es nicht so, dass
jede Auswahlfunktion "gut" ist, d.h. dass jeder beliebige Sünder irgendeine der Auswahlfunktionen quasi ohne vorherige Einigung wählen kann ?
Nein, sie müssen sich einigen.
Es wird durch die
Existenzaussage des Auswahlaxioms sichergestellt, dass mindestens eine Auswahlfunktion
existiert. Es könnten auch mehrere sein. Es wird nichts konstruiert oder explizit angegeben.
Schauen wir uns an, was dieses
s für einen Sünder n tut: es liefert s(n) aus {0,1}.
Es ist aber zu kurz gesprungen, zu sagen, dass die Auswahlfunktion auf diesen Zahlen n operiert, also dass
s diese Auswahlfunktion sei. Die Auswahlfunktion
A operiert auf den Äquivalenzklassen [f], und liefert je Äquivalenzklasse eine gesamte Folge, also je [f] eine Funktion s(n).
Schauen wir uns Repräsentanten f1, f2, f3 dreier verschiedener Äquivalenzklassen [f1], [f2], [f3] an:
f1 = (000000...)
f2 = (010101...)
f3 = (111111...)
Die Auswahlfunktion
A liefert z.B.
A([f1]) = f1
A([f2]) = f2
A([f3]) = f3
also exakt wieder diese drei Repräsentanten.
Eine andere Auswahlfunktion
A' könnte aber auch
A'([f1]) = (
100000...)
A'([f2]) = (
110101...)
A'([f3]) = (
011111...)
liefern, also die o.g. Folgen mit genau einer Änderung an der ersten Stelle.
Damit existiert für jede Äquivalenzklasse [f] eine abzählbare Menge an Kandidaten für das Ergebnis
s der Auswahlfunktion, nämlich
jede enthaltene Folge aus der Äquivalenzklasse.
Nehmen wir an, alle Sünder einigen sich auf die selbe Auswahlfunktion. Nehmen wir an, die Hutfolge sei gerade f = (000000...). Dann liefert
A eine Folge
s mit höchstens endlich vielen Einsen, andernfalls wäre die Folge nicht in [f]. Damit werden genau die Sünder verdammt, die das Pech haben, dass ihre Nummer n mit den Stellen in
s zusammenfällt, für die
s(n) = 1 ist.
Nehmen wir an, die Sünder einigen sich
nicht auf eine Auswahlfunktion, jeder benutzt eine eigene. Nehmen wir an, die Hutfolge sei wieder f = (000000...). Die verschiedenen Auswahlfunktionen
An der Sünder liefern verschiedene Folge
sn mit höchstens endlich vielen Einsen, andernfalls wären sie nicht in [f] enthalten. Eine Möglichkeit für die Auswahlfunktionen wäre
A1([f]) = (
100000...)
A2([f]) = (0
10000...)
A3([f]) = (00
1000...)
A4([f]) = (000
100...)
...
Man sieht, worauf das hinausläuft: Obwohl die Auswahlfunktionen fast perfekte Folgen liefert - gerade mal eine falsche Stelle - haben alle Sünder der Reihe nach für n = 1, 2, 3, ... das Pech, dass sie gerade die Auswahlfunktionen A1, A2, A3, ... erwischen, die an den Stellen n = 1, 2, 3, ... falsch liegen. Damit werden alle verdammt.
Konsequenz:
1) alle Sünder - oder zumindest fast alle - müssen sich auf ein und die selbe Auswahlfunktion über alle [f] einigen.
2) da das Auswahlaxiom nur sicherstellt, dass mindestens eine Auswahlfunktion existiert, stellt es gerade nicht sicher, dass sie eindeutig ist.
Damit ist die Lösung in zweifacher Hinsicht nicht konstruktiv: sie liefert kein konkretes A, sie sichert mittels ZFC nur zu, dass mindestens eines existiert. Und sie liefert kein eindeutiges A.
ralfkannenberg hat geschrieben: ↑12. Mai 2020, 18:07
ist es nicht so, dass
jede Auswahlfunktion "gut" ist, d.h. dass jeder beliebige Sünder irgendeine der Auswahlfunktionen quasi ohne vorherige Einigung wählen kann ?
Wenn nicht, dann müsste man sie wohlordnen - das geht, weil das Auswahlaxiom gültig ist und dieses äquivalent ist zum Wohlordnungssatz, und wählt dann die erste.
Das ist ein guter Punkt. D.h. wenn ich das o.g. (1) akzeptiere, dann ist (2) geschenkt.