Zunächst mal ein paar Rahmeninformationen zur Panspermie:
https://de.wikipedia.org/wiki/Panspermie
Ich dachte mir, wir gehen einmal lieber hierher mit unserem Thema aus dem Thread "Astronomen orten erstmals interstellaren Besucher im Sonnensystem", weil wir uns dort zu sehr vom dortigen Thema entfernen:
viewtopic.php?f=36&t=3724&start=25
Ich beziehe mich auf deinen Beitrag vom 7. Nov 2017, 18:07, ATGC. Hi! übrigens...
Da sich die primordiale Gas- und Staubwolke wegen der Wasserstoffdominanz insbesondere aus Hydriden zusammengesetzt hat, können wir von einer Gegenwart von NH3, CH4 und H2O sowie H2S in der Atmosphäre ausgehen. Unter dem Einfluss der Sonnenstrahlung fanden Aufspaltungen der Gasmoleküle statt, die mit einem Wasserstoffverlust einher gingen. Innerhalb der ersten Milliarde Jahre wandelte sich die Erdatmosphäre von einer reduzierenden in eine neutrale um, in der N2 und CO2 dominierten. Über den Meteoriteneintrag wurden reduzierende Gase immer wieder hinzugefügt, bis nach dem LHB vor etwa 3,9 Milliarden Jahren dieser Zustrom allmählich versiegte. Das Zeitfenster war also ziemlich eng zwischen Abkühlung nach dem Theia-Impakt und dem Abschluss des Zustroms von reduzierenden Gasen. Ich gebe maximal 500 Millionen Jahre. Danach war die Möglichkeit für nennenswerte Miller-Urey-Synthesen aus der Atmosphäre heraus vorbei.
Ich habe gelesen, dass es gar nicht klar sei, ob die Uratmosphäre tatsächlich reduzierend war:
http://www.spektrum.de/lexikon/biologie ... aere/68665
An der Front brauchen wir wohl noch mehr Erkenntnisse.
Davon unabhängig: 500 Millionen Jahre wären als Zeitfenster nicht wirklich wenig.
wenn man erwägt, dass das Leben auch in der Tiefsee oder tief im Gestein entstanden sein könnte.
Kann man tun, aber dort sind die Zeitfenster noch enger, weil die hydrothermalen Schlote (Lost-City-Typ) maximal 100.000 Jahre stabil sind, bevor sie zerfallen und abgetragen werden.
An der Stelle sollte man nicht zu lokal denken, meine ich. Es gab und gibt ja nicht nur einen hydrothermalen Schlot, die gibt es auch bis heute. Viele Würfe mit dem "Würfel des Lebens"... Und sie sind nicht isoliert, d.h. es können Stoffe und Bauteile dort von außen reinkommen und auch nach außen abgegeben werden. Wenn alle Zutaten irgendwann einmal da sind, könnte es irgendwann auch recht schnell gehen, bis "der entscheidende Funke zündet". So gesehen ist das Zeitfenster dort nicht unbedigt eng bzw. zu eng.
Wenn die Wahrscheinlichkeit das hinzubekommen groß gewesen wäre, dann würde ich erwarten, dass das mehrmals geschehen sein muss, an räumlich weit voneinander entfernten Orten.
Daraus lässt sich schließen, dass die Wahrscheinlichkeit eben nicht besonders groß gewesen sein kann. Aber selbst wenn - dann wäre es ein großer Zufall, dass das relativ zeitgleich geschehen wäre. Eher wahrscheinlich ist, dass das erste gangbare System sich vor Ort etabliert hätte, bevor es nach Art der adaptiven Radiation in die Umgebung vorgedrungen wäre und nach und nach alle verfügbaren Nischen besetzt hätte - einschließlich derer, die ihrerseits diverse Vorstufen hervorgebracht hätten. Denkbar ist noch die Verdrängung mehrerer spontan und unabhängig voneinander entstandener Organismen-Populationen, wobei sich die robusteste von allen letztlich dauerhaft etabliert hätte, während alle anderen entweder über horizontalen Gentransfer integriert worden sind oder eben ausgestorben sind.
Ich denke, wir können zumindest schließen, dass die Wahrscheinlichkeit nicht extrem groß sein kann, denn sonst hätten wir auf der Urerde Tausende oder Millionen von weitverteilten Lebenszellen gehabt, die in ihrer Entwicklung vielleicht nur 1000 Jahre oder weniger voneinander entfernt gewesen wären. In dem Fall würden wir recht sicher auch heute noch Leben auf der Erde finden, das nachweislich nicht miteinander verwandt ist. Ein Gentransfer zwischen spiegelbildlich aufgebauten Lebewesen oder allgemein auf molekularer Ebene gänzlich unterschiedlich gebauten Lebewesen ist ausgeschlossen. Es ist in der Erdgeschichte viel ausgestorben, aber ganze Grundklassen selten. Sogar Archaeen finden wir heute noch, weil eben alles irgendwo seine Nische findet.
Überall haben sie sich in gleicher Weise sortiert? Wie?
Nach Art von Alles-oder-nichts-Entscheidungen. Sobald in einem Areal die L-Aminosäuren dominant wurden, blieb es dabei. Spätere Entwicklungsstufen konnten daher nur auf diese Basis zurückgreifen, so dass dann folglich auch die komplexeren Systeme nur noch L-Aminosäuren aufwiesen. Analog gilt das für D-Zucker und darauf aufbauend dann die Nucleotide der RNA. Dieses spezielle Areal stellte dann die Basis für die spätere Lebensentstehung, so dass die entstandenen Organismen genau diese Bausteine aufwiesen und nicht z.B. D-Aminosäuren.
Lokal, ja. Aber global? Wenn wir wenigstens von einigen voneinander isolierten "Lebensentwicklungszellen" ausgehen, dann muss in der einen Stelle das rechtsdrehende dominant geworden sein und an anderer Stelle das linksdrehende. Nur wenn eine solche Zelle viel viel früher dran ist als eine andere, hat sie genügend Zeit die andere zu erreichen (das kann der halbe Globus sein, der da zu überbrücken ist) und sie vollständig auszumerzen, bevor diese sich "wehren kann".
überall, bis in den letzten Winkel der Erde? Das erscheint mir nicht plausibel.
Warum nicht? Die Erdoberfläche ist hochgradig dynamisch. Eventuelle verborgene Nischen werden nach längerer Zeit irgendwann doch mit dem Rest der Erdoberfläche in Kontakt gebracht, so dass die größere Variantenvielfalt der etablierten und dominanten Lebensformen auch dorthin vordringen können.
Weil die Habitate auf der Erde so stark unterschiedlich sind. Keine Lebensform oder Klasse von Lebensformen ist einer anderen überall überlegen.
Es gibt Organismen Kilomter tief im Gestein. Es dauert ewig so tief vorzudringen. Die Art, die dort zuerst war, ist dort besser angepasst.
Einen Bakterienstamm z.B. heute auf der Erde komplett auszurotten ist praktisch unmöglich, auch dann nicht, wenn du mit einer Supergentechnik der Zukunft ein verbessertes Bakterium erschaffst, wo du glaubst, dass es dem ersteren überlegen sei und dieses daher verdrängen und daher irgendwann ausrotten würde. Es wird niemals in allen Aspekten überlegen sein, also wird es immer Rückzugsräume für das erstere geben.
Es erscheint mir plausibler, dass die Lebensentstehung und -Festsetzung auch auf der Erde -falls das Leben hier überhaupt entstanden ist- sehr unwahrscheinlich gewesen sein muss, ein unglaublicher Glückstreffer gewesen sein muss.
Da möchte ich Dir nicht widersprechen ...
Und an dem Punkt finde ich eben dies hier seltsam:
Die ältesten Fossilien sind möglicherweise 3,54 bis 3,56 Milliarden Jahre alte Stromatolithen, die in Australien und Südafrika gefunden wurden; geochemische Isotopenanalysen zeigen sogar schon Anomalien in den ältesten Gesteinen, die ebenfalls auf Leben hindeuten. Diese Datierungen werden allerdings gegenwärtig wieder neu diskutiert, da es Hinweise darauf gibt, dass Organismen aus späteren geologischen Epochen in das ältere Gestein eingedrungen sein könnten, beziehungsweise dass die geochemischen Anomalien auch rein anorganische Ursachen haben könnten. Sollten sich die ursprünglichen Datierungen bestätigen, scheint das Leben auf der Erde nahezu sofort mit dem Vorhandensein des ersten flüssigen Wassers beziehungsweise der ersten Ozeane existiert zu haben (Sauerstoffisotopenanalysen in den ältesten Zirkonen werden von einigen Wissenschaftlern allerdings so gedeutet, dass bereits zu deren Kristallisationszeit vor 4,4 Milliarden Jahren sowohl kontinentale Kruste als auch Ozeane auf der Erdoberfläche existiert haben könnten).
Eine mögliche Erklärung dieses beinahe „frühestmöglichen“ Nachweises von Leben ist, dass seine Entstehung ein beinahe selbstverständlicher Prozess im Universum ist, der fast schlagartig abläuft, sobald es die Umweltbedingungen zulassen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Panspermi ... _von_Leben
Das "schlagartig" halte ich für unplausibel.
Ein wichtiges Argument ist dies:
Bei der Panspermie stünden erheblich mehr Zeit und durch einen Transfer durch das All eine Unzahl von Planeten für die Bildung von Leben zur Verfügung. Eine einfache Rechnung ergebe, dass jeder Punkt der Milchstraße selbst bei relativ geringen kosmischen Geschwindigkeiten innerhalb von 20 bis 50 Millionen Jahren erreichbar sei.
https://de.wikipedia.org/wiki/Panspermi ... _von_Leben
Man kann daran zweifeln, aber man darf das nicht vom Tisch wischen. Es ist eine interessante Möglicheit.
Auch das Argument die Panspermie oder Transspermie sei nicht falsifizierbar zieht nicht, wie ich meine. Denn erstens ist sie prinzipiell falsifizierbar, dann wenn wir mit und verwandtes Leben auf anderen Himmelskörpern finden würden und zweitens: Wie will man die These "Das Leben ist auf der Erde entstanden!" falsifizieren können?
Und auch das hier ist ein nachdenkenswertes Argument:
Die Evolution vom einfachsten Leben zur nächstkomplexeren Stufe von Einzellern hat sehr, sehr lange gedauert und dann ging es bis heute immer schneller mit der Evolution.
D.h.: Die Geschwindigkeit der Evolution ist in dem Bereich stetig zunehmend.
In dieses Bild passt nur eines nicht, nämlich dass die Evolution von unbelebter Materie bis zum ersten Leben so schnell vonstatten gegangen sein muss, wenn es auf der Erde geschah.
Und gerade bei der Transspermie werde ich schon nachdenklich:
Es sind in den letzten Jahrmilliarden Milliarden Tonnen Material zwischen Erde, Mars, usw. hin und her transportiert worden. Viele Körner davon sind sicher nur wenige Jahre unterwegs gewesen.
In Anbetracht dessen würde ich mich ja schon wundern, falls wir Leben auf Mars oder der Hochatmosphäre der Venus, etc. finden würden und dieses dann
nicht genetisch mit uns verwandt wäre.
Falls das Leben auf der Erde entstanden ist, so ist es m.E. sehr wahrscheinlich, dass von der Erde aus praktisch das gesamte Sonnensystem in den letzten Jahrmilliarden immer wieder mit Lebenssporen infiziert wurde. Falls diese Keime irgendwo, irgendwann auf Bedingungen gestoßen sind, die eine Weiterleben ermöglichten, so sollten sie sich auch festgesetzt haben.
Ob irgendwann, irgendwo solche Bedingungen vorlagen ist dabei natürlich die große Frage.