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Weltformel, Physik und Metaphysik

Wissenschaftsgeschichte, Wissenschaftstheorie bzw. -philosophie, Technik
HelmutHansen
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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von HelmutHansen » 13. Apr 2012, 06:35

Liebe(r) deltaxp,

es stimmt natürlich, dass das Kausalitätsprinzip mit Blick auf das Eine aufgehoben ist – und auch aufgehoben sein muss. Dies ergibt sich unmittelbar aus seiner begrifflichen Charakterisierung: Wenn es als dasjenige aufgefasst werden soll, was alles bedingt, ohne selbst bedingt zu sein, dann kann es nicht selbst Gegenstand von Bedingungen (Wirkungen) sein. Mit der Einführung des Einen ist mithin eine fundamentale Asymmetrie etabliert: Es gibt einen speziellen Satz unumkehrbarer Bedingungen – also eine vorgeschriebene Lese- resp. Wirkungsrichtung, die vom Einen ausgeht.

Dass aber bedeutet nicht, dass im Universum dieses Prinzip außer Kraft gesetzt ist. Es geht in einer modernen Metaphysik gerade darum, die Theorieentwicklung bis zur äußersten Grenze zu treiben, um auch die Struktursegmente des Universums einzufangen, die die moderne Physik aus methodologischen Gründen ausschließt. Das sind üblicherweise die Segmente, die das Wertespektrum von einem endlichen, aber als physikalisch ultimativ angenommenen Wert bis zum Wert Unendlich umfassen.

Ein konkretes Beispiel ist die endliche Lichtgeschwindigkeit, die als ultimative Grenze aufgefasst wird. Sie bestimmt maßgeblich - kraft dieser Grenze - unser Bild von Raum und Zeit (i.e. Minkowski-Diagramm) Aus Sicht einer modernen Metaphysik muss dieses Bild unvollständig sein, weil das Raum-Zeit-Segment von c bis unendlich fehlt. Die Aufgabe einer modernen Metaphysik muss daher darin bestehen, herauszufinden, wie dieses Segment aussehen könnte und wie es sich experimentell bemerkbar gemacht haben könnte.

In der modernen Physik fehlt dieses Segment. Gleichwohl hat es sich, wie ich vermute, in der Entwicklung der Quantenelektrodynamik (QED) gezeigt, und zwar als unendliche Größen. Da man diese Größen (aus der von Dir geschilderten methodologischen Haltung) loswerden wollte, hat man sich, wie Du sicherlich weiß, eines als Renormierung bekannten mathematischen Verfahrens bedient. Doch viele Physiker waren (und sind) mit diesem Verfahren unzufrieden. Der Physiker Richard Feynman hat es sogar als Hokuspokus bezeichnet und die Frage aufgeworfen: Warum sollten die korrekten Theorien diejenigen sein, die berechnet werden können? Warum sollte die Natur es den Physiker leicht machen wollen?

Dies hat, wie ich vermute, mit diesem theoretisch nicht-erfassten Struktursegment zu tun – freilich ohne dass ich zum gegenwärtigen Augenblick in der Lage wäre, dies bis ins Letzte physikalisch begründen zu können. Ich vermute, dass die von der Speziellen Relativitätstheorie begründete Lorentzinvarianz zu restriktiv ist.

Da die Entwicklung der QED ihren Weg über die Vereinigung von Quantenmechanik und spezielle Relativitätstheorie genommen hat, hat sie auch diese zu restriktive speziell-relativistische Lorentzinvarianz „geerbt“. Die Suche nach subtilen Abweichungen von dieser Invarianz ist eines der aktivsten Forschungsfelder der modernen Physik – und ich bin davon überzeugt, dass uns eine moderne Metaphysik zu einem vertieften Verständnis der Lorentzinvarianz führen wird – gerade weil sie sich dieses nicht-berücksichtigten Struktursegmentes annimmt.

Dass dies nur um den Preis der Einführung eines völlig unbestimmten Etwas (i.e. des Einen) möglich ist, mag unbequem sein und den allgemeinen Erwartungen der Physiker widersprechen, aber am Ende entscheidet das Experiment, ob diese Erwartung berechtigt ist oder nicht.

Ich stimme mit Dir auf jeden Fall darin überein, dass die erkenntnistheoretisch zu überwindende Hürde enorm ist und dass daher Zweifel berechtigt sind, ob sich die Physiker jemals dazu durchdringen werden, sich mit diesem Forschungsansatz intensiver zu beschäftigen.

Gruss
Helmut

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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von seeker » 13. Apr 2012, 08:07

HelmutHansen hat geschrieben:Die Pointe einer modernen Metaphysik besteht ja gerade darin, die transzendente Natur des Einen vorbehaltlos anzuerkennen, was bedeutet, dass alle Gleichungen beim Grenzübergang zum Einen hin notwendig versagen müssen. Das Versagen der Gleichungen erweist sich daher im Rahmen einer modernen Metaphysik nicht als ein schwerwiegender epistemologischer Mangel oder Defekt, sondern als ein erwartetes und gesuchtes Ergebnis. Mathematisch bedeutet dies, dass am Ende von metaphysisch relevanten Gleichungen unbestimmte Terme von der Gestalt Null/Unendlich stehen müssen.
Das ist ganz wichtig und m.E. des Pudels Kern deines Ansatzes.
Frage: Haben wir nicht fast immer irgendwelche Unendlichkeiten in den Gleichungen unserer Theorien?
Ich denke da z.B. an die ART mit ihren Singularitäten. Nun denken wir aber gerade nicht, dass die ART der Weisheit letzter Schluss ist, weil sie solche Singularitäten aufweist. Im Gegenteil glauben wir, dass sie gerade deshalb durch eine allgemeinere Theorie ersetzt werden muss.

Wir hätten also mit deiner Forderung kein Kriterium in der Hand um "richtige" Theorien mit Unendlichkeiten von "falschen" Theorien mit Unendlichkeiten zu unterschieden. Wir könnten nur Theorien ohne Unendlichkeiten verwerfen.
Ich frage mich daher immer noch, ob das o.g. Kriterium wirklich genügend restriktiv ist? Dies müsste uns ein in theoretischer Physik bewanderter Mensch erkären können. Leider bin ich kein solcher. Vielleicht habe ich dich auch noch nicht vollständig verstanden.

Du schreibst:
HelmutHansen hat geschrieben:Im Rahmen der Metaphysik hat die Restriktivität einen ganz anderen, davon abweichenden Sinn: Sie besteht darin, dass die Theorie zwingend so beschaffen sein muss, dass sie den vom Einen aufgespannten räumlichen Rahmen, wie er beispielsweise durch das Kleinste und das Größte bezeichnet ist, physikalisch vollständig überdecken muss.
Das würde bedeuten, wir brauchen eine Theorie, die z.B. im Kleinen JEDE Größenordnung beschreiben kann UND ERST bei s=0 versagt?
Forderst du eine Theorie, die bis auf Größenordnungen hinunterreicht, die kleiner als Strings und Plancklänge sind? Ist das machbar?
Dies beantwortet vielleicht auch Deine Frage, warum der MONISMUS keine geeignete Basis für die Metaphysik ist. Wenn es zwei Seiten der Wirklichkeit gibt, so wie es zwei Seiten ein- und derselben Münze gibt, dann greift der monistische Gedanke zu kurz. Deswegen spricht die östliche Philosophie auch von der Nicht-Zweiheit statt von der Einheit.
Nicht unbedingt, denn wenn ich noch eine Ebene höher gehe und die Gesamtheit der Münze betrachte, so habe ich nach meinem Verständnis wieder einen Monismus auf oberster Ebene. Das ist aber ein Nebenschauplatz. Ich würde das zunächst so stehen lassen. Wir dürfen uns auch nicht zu stark an Worte hängen. Vermutlich sind wir uns in dem, was wir meinen, sogar einig.
Zur empirischen Basis der Kueschen Figur:

Es gibt eine empirische Koinzidenz, die signifikant mit den von der Kueschen Figur ausgezeichneten räumlichen Bereichen korrespondiert. Sie wird in der modernen Physik als „Mach0“ bezeichnet; siehe: Mach Principle –Wikipedia.
Die Sache mit dem Machschen Prinzip interessiert mich sehr. Ich werde aber aus Zeitmangel vermutlich erst nächste Woche dazu kommen dies alles genauer durchzulesen.
Ich weiß, dass es bis heute unklar ist, ob das Machsche Prinzip mathematisch mit der ART verträglich ausformulierbar ist. Vielleicht wurde es auch deshalb bis heute nicht getan, weil es unnötig (und unnötig komliziert) erschien.

Zur Unsichtbarkeit des Kleinsten und des Größten

Man könnte es sich auch so vorstellen:
Das Universum ist "von innen" (für uns) sichtbar und strukturiert, "von außen" (gedachte Perspektive) aber unsichtbar (in dem Sinne, dass aus dieser Perspektive keine inneren Strukturen sichtbar sind).
Ich sehe jedoch nicht, dass man den Schritt des "absolut-Absoluten" machen muss (dass man das Äußere damit identifiziert). Es reicht aus, wenn man ein "relativ-Absolutes" annimmt.
Was ich meine: Das "Äußere" des Universums mag für uns absolut sein, weil von außen gesehen keine inneren Strukturen mehr sichtbar sind, es kann aber dennoch noch äußere Strukturen haben (die für uns aus der Innenperspektive unsichtbar sind). Man könnte daher aus einer Vielzahl solcher Universen eine noch höhere Ebene bilden, die wieder ein Inneres und ein Äußeres haben kann. D.h. man kann beliebige weitere noch höhere Ebenen denken. (Mathematisch könnte man auch an verschiedene Unendlichkeiten denken, die unterschiedlich mächtig sind. Siehe: Georg Cantor)
Das könnte ein schwerwigendes Problem sein, denn wenn das der Fall wäre, so hätten wir kaum ein Chance auf das "Äußerste-Außen", auf die "unsichtbarste Unsichtbarkeit" zu schließen. Na gut - man darf nicht zu viel verlangen. Es würde mir ausreichen, wenn man wenigstens ein weiteres kleines Zipfelchen der Wahrheit erschließen könnte...

Ich frage mich gerade, ob es nicht Strukturen gibt, die sowohl von innen als auch von außen sichtbar wären?
Ware die Topologie des Universums vielleicht ein Kandidat dafür?
Diese Tabelle konnte
mittlerweile erheblich erweitert werden, und zwar um eine ganze
Reihe von physikalischen Parametern; eine Erweiterung, die es u.a.
möglich machte, die außerordentliche Feinabstimmung des
Universums auf das Eine als seiner eigentlichen Wurzel
zurückführen zu können.[7]
http://www.helmuthansen.de/logisch.pdf, S.19
[7] Is Metaphysics the New Frontier of the 21st Century Physics? (Lecture
2010);http://www.worldsci.org/pdf/events/Hansen-
IntroductionMetaphysics_Slides.pdf; ebenda: Slides No. 19 & 20
http://www.helmuthansen.de/logisch.pdf
Das interessiert mich. Was steht da drin? (Ich hoffe auf Belege. :wink: )
Der Innenraum
eines solchen Universums war gerade so beschaffen, dass jeder
Schnitt (S0, S1, S2, S3 ... S¥) ein anderes Bild bot.
http://www.helmuthansen.de/logisch.pdf, S.20

Das verstehe ich noch nicht ganz. Was meinst du damit genau? Meinst du damit, dass das Universum auf beliebigien verschiedenen Größenskalen immer anders aussieht? Das muss natürlich so sein, denn sonst gäbe es ja überhaupt keine sichtbare Struktur. Ziehst du weitere Schlussfolgerungen?

... alsdann nimmst du die Zeit hinzu und schaust dir die Raumzeit an. Auch hier ist jeder Schnitt immer von allen anderen verschieden (wegen der Expansion).
Darfst du das schlussfolgernd fordern? Würde nicht auch ein nicht-expandierendes Universum deiner Grundforderung genügen?
...kann unser Universum ohne die Annahme des Einen nicht als
logisch widerspruchsfrei gedacht werden, denn es ist das Eine, was
das Universum vor einem logischen Debakel bewahrt.
http://www.helmuthansen.de/logisch.pdf

Davon bin ich überzeugt.

Beste Grüße
seeker
Grüße
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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von tomS » 13. Apr 2012, 08:38

Hallo Helmut,

entschuldige, wenn ich mich da einmische.

Ein zentrales Problem jeglicher Metaphysik scheint mir zu sein, dass sie immer in bestimmten Kategorien, also Verstandesbegriffe denken muss. Außerdem wird jede ontologische Diskussion von einer erkenntnistheoretischen überlagert, ohne dass wir diese beiden trennen könnten (denn um dies tun zu können, müssten wir bereits die volle Kenntnis über alle ontologischen Schichten und Strukturen haben und unsere Erkenntnis in eben dieser Ontologie begründen können).

Dies zeigt sich auch, jedoch völlig anders geartet, in der modernen Physik. Die Quantenmechanik sagt uns, dass wir mit gewissen subjektiven Aspekten leben müssen, sie sagt uns jedoch gerade nicht, wie wir letztere in den Griff bekommen. Die Quantenmechanik sagt uns auch (und das können wir sogar experimentell prüfen!) wie die Natur nicht ist. D.h. wir können bestimmte Modelle der Natur, die unseren Alltagsbegriffen folgen, mit Sicherhjeit ausschließen (Bellsches Theorem, Kochen-Specker-Theorem). Die Quantenmechanik sagt uns aber leider nicht, wie die Natur ist.

Meine Meinung zu dieser ist kurz gesagt folgende: die Erkenntnisse der modernen Physik (insbs die der QM, weniger die der RT - letztere ist metaphysisch betrachtet nichts Neues) zeigen uns, dass wir die Diskussion bzgl. dem was ist nicht zu Ende führen können (die Positivisten meinen, man könne sie nicht mal führen - ich bin da anderer Ansicht). Insbs. erscheint die Physik im Lichte der Quantenmechanik als wenig ontologisch (sondern eben epistemologisch, positivistisch, phänomenologisch, ...). Das Interessante ist, dass wir in dieser Diskussion ständig scheitern (da bin ich wieder bei den Positivisten), dass uns dieses Scheitern jedoch einige wesentliche Wahrheiten über die Wirklichkeit, die Realität, enthüllt.

Ich empfehle dir das Buch
Der Teil und das Ganze von Werner Heisenberg und darin insbs. die Kapitel
8.Atomphysik und pragmatische Denkweise (1929)
10.Quantenmechanik und Kantsche Philosophie (1930–1932)
17.Positivismus, Metaphysik und Religion (1952)

Nicht empfehlen (da ich zu wenig verstanden habe), aber hinweisen, möchte ich dich auf das Buch On Physics and Philosophy von Bernard d’Espagnat.
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von seeker » 13. Apr 2012, 10:07

@Tom:
Du störst ganz sicher nicht! Im Gegenteil, ich freue mich jedes mal (und ganz sicher nicht nur ich), wenn ich einen neuen Beitrag von dir lesen darf. :well:

@PeterM:
Wenn ich wüsste wo das kalte Wasser ist, in das ich hineinspringen soll, würde ich es vielleicht tun. :mrgreen:
Wenn du es wüsstest, würdest/könntest du vielleicht selbst springen...
Fast habe ich den Verdacht, dass du meine bescheidenen Fähigkeiten maßlos überschätzen tust.
Falls du in diese- oder eine ähnliche Richtung weiter diskutieren möchtest, möchte ich dich bitten einen separaten Thread dazu aufzumachen.

@rick:
Du hast ja in einigem Recht - die Mathematik und die Naturwissenschaften scheinen handfester zu sein.

Wie du sicher wissen wirst, stehen aber auch diese nicht auf einem völlig festen Boden, denn jedes System, das der Mensch jemals erdacht und geschaffen hat, benötigt immer Grundannahmen und Randbedingungen - und diese sind nunmal (wenn man es genau nimmt) letztendlich immer spekulativ.
Insofern ist letztlich ALLES Spekulation - und das ist keine Spitzfindigkeit, sondern ein ganz ernst zu nehmendes grundsätzliches Problem des Menschen!
(Grundannahmen sind Philosopie. Die Deutung dessen, was wir in NW und Mathe herausfinden, gehört auch in die Philosophie. Ohne Philosopie wüssten wir gar nicht, WIE man NW betreiben soll.)

Daher darf und kann es uns nach meiner Ansicht auch letztendlich gar nicht um Wahrheit gehen, sondern nur um Plausibilität. Die Welt ist dabei nicht schwarz/weiß sondern besteht aus Grauabstufungen.
D.h. dass wir manche Dinge für plausibler als andere Dinge halten, wobei ich die Mathematik und die NW für sehr plausibel halte (und da wirst du wohl bei mir sein) - das ist alles.

Nun versucht ja Helmut gerade auch die Metaphysik auf einen festeren Boden zu stellen (und er versucht das ernsthaft) - und du musst mir nachsehen, dass mich das interessiert.
Wenn du jeden Vorstoß in diese Richtung a priori ablehnst, dann kann ich das auch verstehen.

Beste Grüße
seeker
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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von deltaxp » 13. Apr 2012, 12:18

ich bin ein er
HelmutHansen hat geschrieben:es stimmt natürlich, dass das Kausalitätsprinzip mit Blick auf das Eine aufgehoben ist – und auch aufgehoben sein muss.
genau das steht im widerspruch zu deiner eigenen aussage
HelmutHansen hat geschrieben: Es gibt einen speziellen Satz unumkehrbarer Bedingungen – also eine vorgeschriebene Lese- resp. Wirkungsrichtung, die vom Einen ausgeht.
da führt kein weg in der physik dran vorbei. physik ist eine wissenschaft und wissen heist heisst, erkennen, messen, verstehen und eben genau diese "vorgeschriebene Lese- resp. wirkrichtung" herauszufinden. wenn du annimst, dass das nicht möglich ist, heisst das die erkennbarkeit der welt ab einem gewissen punkt (wo liegt der) abzustreiten. damit bist du dann wieder am glauben, was mit der der wissenschaft physik per definitionem nicht vereinbar ist. sicher gibt es auch physiker die glauben (sie nennen es wohl liebr intuition^^). letzlich kann die einstellung: die welt ist erkennbar ebenfalls als glauben betrachtet werden, aber der physiker glauben als antrieb verwenden um wissen zu erarbeiten, um zu erkennen, um die wechselwirkungsketten zu erkennen. ein nicht-erkennbares "EINE" wird dort nie latz haben.
HelmutHansen hat geschrieben: Ein konkretes Beispiel ist die endliche Lichtgeschwindigkeit, die als ultimative Grenze aufgefasst wird. Sie bestimmt maßgeblich - kraft dieser Grenze - unser Bild von Raum und Zeit (i.e. Minkowski-Diagramm) Aus Sicht einer modernen Metaphysik muss dieses Bild unvollständig sein, weil das Raum-Zeit-Segment von c bis unendlich fehlt. Die Aufgabe einer modernen Metaphysik muss daher darin bestehen, herauszufinden, wie dieses Segment aussehen könnte und wie es sich experimentell bemerkbar gemacht haben könnte. In der modernen Physik fehlt dieses Segment
Überraschung! die Physik lässt durchaus überlichtgeschwindigkeiten zu: die gesamte QM ist nicht lokal.
nach der modernen physik ist Lokalität eine folge der Dekohärenz des Quantenuniversums. in der M-Theorie ist es gar möglich, das jenseits unser 3-brane die durch die lichtgeschwindigkeit als klassische energieausbreitung (das ist die einschränkung) durchaus andere geschwindigkeiten möglich sind. hängt von der genauen struktur ab, da kenn ich mich dann zuwenig aus. die moderne physik versucht zudem gerade hintergrundfreien Theorien zu generieren bei der raum und zeit emergieren und nicht als hintergrund vorliegen (z.B. Loop-quanten-Gravitation). da ist das letzte wort noch lange nicht gesprochen. dieses segment fehlt also nicht.
HelmutHansen hat geschrieben: Gleichwohl hat es sich, wie ich vermute, in der Entwicklung der Quantenelektrodynamik (QED) gezeigt, und zwar als unendliche Größen. Da man diese Größen (aus der von Dir geschilderten methodologischen Haltung) loswerden wollte, hat man sich, wie Du sicherlich weiß, eines als Renormierung bekannten mathematischen Verfahrens bedient. Doch viele Physiker waren (und sind) mit diesem Verfahren unzufrieden. Der Physiker Richard Feynman hat es sogar als Hokuspokus
Die Renormierung hat 2 seiten. dazu kann dir TomS aber sicvher genaueres erklären. Als erstes gehts dabei grob gesagt, um die Energieabhängigkeit der Wechselwirkungstärke und "Konstanten" in der Theorie(Renormierungsgruppengleichung) als zweites erst um die Betrachtung der Unendlichkeit.

die Ursache der Unendlichkeit ist bekannt. Bei der Berechnung von Streuquerschnitten in der QED (und anderen QFT's) wird von folgendem ausgegangen. eingehende wechelswirkungsfreien Punktteilchen wechselwirken und ausgangsteilchen verschwinden wieder wechselwirkungsfrei.

Man weiss um die fehler der Modellannahmen. Ein elektron zb schleppt immer sein eigenen elektromagnetisches feld mit sich rum, mit dem es wechselwirkt, es ist NIE wechselwirkungsfrei. es kann eigentlich auch nie als punktteilchen (bzw. eingehende ebene welle, im impulsraum ein punkt). das sind näherungen. die unendlichkeiten sind eine folge dessen, wo die modellannahmen an ihre grenzen stössen. mit der renormierung, kann man das dynamische verhalten, nämlich die energieabhängigkeit der wechselwirkung sehr gut treffen, aber die unendlichkeit "schaufelt man dabei unter ne teppichkante" wie t-hooft glaube ich sogar selber formuliert haben soll. Kein physiker ist mit dieser singularität glücklich, und jeder weiss, dass die qfts limitiert sind und es noch tieferes geben muss (die beseitigung der sogenannten uv-divergenzen war ja zb ein grosser plus-punkt der stringtheorie, weshalb sich so viele darauf stürzten).

Unter anderem deswegen und wegen vieler anderen "ungereimtheiten" im sogenannten standardmodell forschen die physiker ja weiter, genau das tun sie derzeit am cern (neben dem higgs als letztes fehlendes teilchen des standardmodells).

wenn sie der meinung wären, dass dort nur ein nicht erkennbares "eine" warten würde, würden sie alle ihren job wechseln.
HelmutHansen hat geschrieben: Warum sollten die korrekten Theorien diejenigen sein, die berechnet werden können? Warum sollte die Natur es den Physiker leicht machen wollen?
halte dich nicht so sehr an der Berechenbarkeit fest. es gibt sehr viele mathematische strukturen die nicht analytisch berechenbar sind. das ist soar eher das normale. das ist kein widerspruch. bei de mathematischen strukturen geht es vielmehr nur den Determinismus, Ursache-Wirkungs-Prinzip. Wenn es eine Ursache die eine Wirkung, die nicht willkürlich ist. muss der prozess einer regel unterlegen. die mathematik bildet diese regel ab, weil sie eben genau zu diesem grund aus einfachsten anfängen in sich logisch und konsistent aufgebaut wurde und immer weiter wird. mathematik ist nicht willkürlich und daher das geeignete mittel eine nicht wllkürliche natur zu beschreiben.
HelmutHansen hat geschrieben: Ich vermute, dass die von der Speziellen Relativitätstheorie begründete Lorentzinvarianz zu restriktiv ist.
Ich weiss nicht, warum du immer auf der lorentzinvarianz rumreitetest. wie ich sagte, Physik ist eine naturwissenschaft. Es gibt bis jetzt KEINE EINZIGE Beobachtung, die auf eine Brechung der Lorentzinvarianz hindeutet. das ist das einzig restriktive, ergo müssen Theorien, wenn sie den anspruch haben die realität zu beschreiben, diese berücksichtigen, zumindest jedoch muss sie in uns derzeit bekannten energiebereichen auftreten.
(Den einzigen hinweis bildet das nicht gesicherte ergebnis der neutrino-geschwindigkeitsvermessung, aber sowies aussieht handelt es sich dabei um einen messfehler.)

Wenn es Beobachtungen geben sollte, die eine Brechung der Lorentzinvarianz bescheinigen, sind die physiker die ersten, die sich mit freude und elan daraufschmeissen um rauszufinden warum und was die ursachen und folgen davon sind, weil sie davon ausgehen, dass sie erkennbar und erfassbar sind.

ich empfehle dir in der rubrik: jenseits des standarmodells zu lesen um auf den wirklich aktuellen stand in der modernen physik zu kommen. Es gibt auch zahlreiche gut geschriebene Bücher, die moderne erkenntnisse näherbringen. vieles von deinen argumenten stammt aus der physik so bis 1970 rum denke ich mal.

Die Physik wird IMMER von der Erkennbarkeit der Natur ausgehen und eine "nicht-erkennbares transzendentes EINE" niemals als eine unerklärbare, unverrückbare Basis akzeptieren, weil das jeglicher wissenschaftlicher Denkweise widerspricht und jeglichem Kausalitätsprinzip widerspricht. Jedesmal wenn (echte) Singularitäten in den Theorien und Modellen erscheinen, werden sie wissen: da ist noch mehr was erforscht und erkannt werden muss. Da gibt es keine "Hürde zu überspringen", weil das schlichtweg nichts mit Physik (oder jeder anderen Naturwissenschaft) zu tun hat. Wer von einem "transzendenten unerkennbarem EINEN" ausgeh will, kann das gerne tun, aber das ist dann keine Physik, keine Naturwissenschaft im allgemeinen mehr.

Mehr habe ich dazu nun wirklich nicht mehr zu sagen.

HelmutHansen
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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von HelmutHansen » 13. Apr 2012, 16:06

Lieber Seeker,

Mathematisch unbestimmte Terme sind natürlich – für sich genommen – ohne jeden physikalischen Aussagewert. Einen solchen Aussagewert erhalten sie erst dann, wenn ihnen ein spezieller physikalischer Parameter, wie z.B. Größe oder Geschwindigkeit, zugeordnet ist.

Erst eine solche Zuordnung lässt erkennen, inwiefern die Annahme einer unendlichen Größe „restriktiv“ ist. Unterstellen wir beispielsweise, dass die Grenzgeschwindigkeit in unserem Universum unendlich ist, dann sind wir mit der Tatsache konfrontiert, dass die Spezielle Relativitätstheorie zu restriktiv ist. Wie schon gesagt, ist die von der Metaphysik ins Spiel gebrachte Restriktivität eine andere als die, die innerhalb der modernen Physik geläufig ist. Sie ist logischer Natur, und zwar insofern, als sie uns die Aufgabe auferlegt, eine Struktur zu finden, die den logisch zulässigen Raum der Möglichkeiten vollständig ausschöpft. Sie muss, um eine Metapher von Einstein aufzugreifen, so angelegt sein, dass Gott, logisch gesehen, kein weiterer Spielraum mehr bleibt, wie er das Universum gemacht haben kann.

Ein mögliches Beispiel hierfür ist die Koinzidenz des Kleinsten und des Größten, bei der es sich um kontradiktorisch zueinander stehende Grenzzustände handelt. Mit ihnen ist folglich ein Raum aufgespannt, mit dem das Potenzial logisch zulässiger Möglichkeiten bis an die Grenze des Selbstwiderspruches ausgeschöpft ist. Das ist wesentlicher Inhalt des Aufsatzes „logisch.pdf“.

Überraschenderweise ist dieses spezielle Strukturmoment bereits durch Ludwig Wittgenstein in seinem Tractatus logico-philosophicus wahrgenommen worden. So bezeichnet er unter Ziff. 5.143 die Kontradiktion als die äußere Grenze der Sätze. Dies mag vielleicht eine Erklärung dafür sein, warum er in seinem Vorwort der Meinung war, die Wahrheit seiner Abhandlung sei unantastbar und definitiv.

Ein Versagen der metaphysischen Theorie wäre in der Tat erst bei dem von Dir definierten Wert von s = 0 gegeben. Dies ist an sich keine physikalisch ungewöhnliche Forderung: Beide Relativitätstheorien reichen bis zu diesem Wert hinunter. Gleichwohl gibt es einen Unterschied zwischen der angestrebten metaphysischen Theorie und der Allgemeinen Relativitätstheorie. In der ersteren müssen das Kleinste (R = Null) und das Größte (R = Unendlich) koinzidieren. Es muss sich also für diese beiden „Bereiche“ zwingend ein jeweils identisches Merkmal/Element etc. nachweisen lassen. Dies ist beispielsweise eine restriktive Bedingung, die in der Allgemeinen Relativitätstheorie nicht nur nicht erfüllt sein muss, sie widerspricht sogar dem Geist der Relativität. Dies wird deutlich, wenn man annimmt, dass dieses identische Element der Begriff des Inertialsystems ist. In einer metaphysischen Theorie muss es also nicht nur lokal, sondern auch global ein Inertialsystem geben, denn nur so ist der Forderung der Koinzidenz Genüge getan. In der Allgemeinen Relativitätstheorie hingegen ist die Existenz eines globalen Inertialsystems als theorieleitender Begriff ausgeschlossen. Was Einsteins Theorie natürlich nicht davon entbindet, für das entsprechende Faktum – sprich: für Mach0 – eine Erklärung finden zu müssen.

Eine moderne Metaphysik ändert natürlich nichts an den grundlegenden Bedingungen unseres existenziellen Standortes. Wie schon der sehr populäre Astrophysiker Harald Lesch gesagt hat: Kosmologie ist Innenarchitektur. Wir können nur die inneren Eigenschaften des Universums wahrnehmen. Wir können aber nicht von außen auf das Universum blicken. Der Kunstgriff einer modernen Metaphysik besteht nun darin, ein spezielles Aussen anzunehmen und der Frage nachzugehen, wie die inneren Eigenschaften des Universums auszusehen haben, wenn es denn ein solches Aussen gäbe. Dieses Aussen – nämlich das transzendente Eine - soll von einer innerweltlichen Perspektive aus unsichtbar sein. Das ist gewissermaßen Grundannahme jeder Metaphysik. Um diese Forderung zu erfüllen, muss das Universum, so meine These, eine spezielle Klasse von Unterschieden aufgehoben haben, denn gäbe es Unterschiede, wäre dieses Etwas aus einer innerweltlichen Perspektive sichtbar. Unterscheidbarkeit und Sichtbarkeit sind nur zwei verschiedene Aspekte ein- und derselben Sache.

Die von mir verwendeten graphischen Strukturen stellen den Versuch dar, den begrifflichen Strukturen, soweit sie bekannt, ein formallogisches Gesicht zu geben. Inwieweit dieser Schritt gerechtfertigt ist, kann ich Dir nicht sagen. Es gibt allerdings ein paar Besonderheiten, die mich davon überzeugt sein lassen, dass diese Strukturen einen gangbaren Weg darstellen, um in der Theorieentwicklung voranzukommen. Ich bin gegenwärtig damit beschäftigt, diese Überlegungen in einem weiteren Papier (Ist die figura paradigmatica Kernschema einer koinzidentalen Kosmologie?) zusammenzufassen.

Lieber Tom,

vielen Dank für die Buchtipps. Das Buch Der Teil und das Ganze von Werner Heisenberg ist ein Buch, in das ich immer wieder hineinschaue. Ich war glücklich, als ich es vor ein paar Jahren im Antiquariat erstehen konnte. Gegenwärtig lese ich Heisenbergs Vortrag aus dem Jahre 1936 „Prinzipielle Fragen der modernen Physik“, in dem er sich u.a. mit dem Wahrheitsanspruch der klassischen Physik auseinandersetzt.

Mit der Erwähnung der subjektiven Aspektes in der QM hast Du in der Tat – zumindest nach meiner Einschätzung – ein zentrales Problem der modernen Physik angesprochen, was bisher nicht befriedigend gelöst worden ist. Dass dem Beobachter sowohl in der Speziellen Relativitätstheorie als auch in der Quantenmechanik eine so zentrale Rolle zukommt, sieht verdächtig aus. Dass er eine Rolle spielt, darüber habe ich allerdings keinen Zweifel. In diesem Zusammenhang möchte ich mich mit einem entsprechenden Buchtipp revanchieren:

Symmetriebrechung und Wahrnehmung von Giuseppe Gaglioti

G. setzt sich in diesem Buch vorrangig mit der Wahrnehmung doppeldeutiger Strukturen auseinander. Es gibt überraschende Einblicke in die Bedeutung des Beobachters bei der Wahrnehmung quantenmechanischer Strukturen.


Lieber Deltaxp,

ich akzeptiere natürlich Deine Haltung - und sie fängt die Stimmungslage der Physiker auch sehr gut ein. Der französische Physiker Jean Charon hat einmal gesagt, der sicherste Weg, als Physiker beruflich Selbstmord zu begehen, bestünde darin, sich mit Metaphysik zu beschäftigen, wobei er allerdings hinzufügte, dass die breite Öffentlichkeit gerade an diesen metaphysischen Fragen interessiert sei... und es gibt deutliche Anzeichen, dass diese Fragen in nicht allzu ferner Zukunft so sehr in den Brennpunkt der Öffentlichkeit rücken werden, dass Wissenschaftler gar nicht umhin können, sich ernsthaft mit diesen physikalisch tabuisierten Fragen auseinanderzusetzen.

Gruss
Helmut

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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von tomS » 13. Apr 2012, 18:03

HelmutHansen hat geschrieben:Mit der Erwähnung der subjektiven Aspektes in der QM hast Du in der Tat – zumindest nach meiner Einschätzung – ein zentrales Problem der modernen Physik angesprochen, was bisher nicht befriedigend gelöst worden ist. Dass dem Beobachter sowohl in der Speziellen Relativitätstheorie als auch in der Quantenmechanik eine so zentrale Rolle zukommt, sieht verdächtig aus.
Ich ahbe da einen Verdacht: zum einen gibt es in verschiedenen Theorien zur Quantengravitation Hinweise auf das sogenannte holographische Prinzip, d.h. sozusagen die vollständige quantenmechanische Repräsentation einer Theorie und deren Dynamik innerhalb eiens (dreidimensionalen) Volums durch eine mathematisch äquivalente (aber andersartige) Theorie auf der (zweidimensionalen) Oberflächer des Volumens; zum anderen gibt es generell im Rahmen der QM die Problematik der definition eines Beobachters bzw. die Auftrennung der "Welt" in "beobachtetes System", "Beobachter" und "Rest der Welt". Ich gehe davon aus, dass es da einen Zusammenhang gibt; konkret stelle ich mir eine Theorie der sogenannten "boundary Hilbert spaces" vor, wobei ein System durch seine Grenze und damit einen bestimmten Hilbertraum definiert wird. Ein Physiker betreibt dann keine Physik "für die gesamte Welt" sondern für das System und benutzt dazu einen "boundary Hilbert Space". Soweit so gut. Wenn es jetzt noch gelingt, eine Relation für verschieden definierte Systeme und Beobachter sowie deren "boundary Hilbert spaces" zu konstruieren bzw. zu identifizieren, dann hätte man auch eine Relation zwischen verschiedenen (subjektiven) Beobachtungen. Die Subjektivität ergäbe sich dann zwanmglos aus der Notwendigkeit, lokale Beobachtuzngen durchzuführen und die "Welt" in "System" und "Rest" auzuteilen.

Wie gesagt, ich vermute da einen Zusammenhang, aber das ist alles noch sehr spekulativ. Evtl. hat 't Hooft was dazu geschrieben.
HelmutHansen hat geschrieben:In diesem Zusammenhang möchte ich mich mit einem entsprechenden Buchtipp revanchieren:

Symmetriebrechung und Wahrnehmung von Giuseppe Gaglioti
Danke!
Gruß
Tom

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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von tomS » 14. Apr 2012, 02:22

HelmutHansen hat geschrieben:... wobei er allerdings hinzufügte, dass die breite Öffentlichkeit gerade an diesen metaphysischen Fragen interessiert sei... und es gibt deutliche Anzeichen, dass diese Fragen in nicht allzu ferner Zukunft so sehr in den Brennpunkt der Öffentlichkeit rücken werden, dass Wissenschaftler gar nicht umhin können, sich ernsthaft mit diesen physikalisch tabuisierten Fragen auseinanderzusetzen.
Wenn du Heisenberg gelesen hast, dann hast du ja auch seine Beschreibung der "neuen Physik" der "neuen Welt" und des Pragmatismus kennengelernt; und einige Aussagen von Hawking bzgl. des Positivismus kennst du sicher auch. Letztlich hat sich die moderne Physik schleichend von der Metaphysik verabschiedet - der man zu Beginn des letzten Jahrhunderst noch aufgeschlossen oder zumindest wissend gegenüberstand (Einstein & Mach, Heisenberg, Weizsäcker, Schrödinger, ...). Mit der Entdeckung der QM und deren positivistischen Zügen hat man das Kind mit dem Bade ausgeschüttet und die momentane Unfähigkeit, "hinter die Dinge zu schauen" zu einem Prinzip oder gar Dogma erhoben (Feynman's "shut up and calculate", Dirac, ..., Hawking). Dann gab es den großen Exodus der europäischen Physiker und eine "Amerikanisierung" der Physik (die Amerikaner haben m.W.n. keine Philosophen von Rang hervorgebracht, an denen sich die Physiker hätten reiben können; Feynman spricht in seinem Buch "Sie belieben wohl zu scherzen ..." sehr abfällig über die Philosophen bzw. die Philosophie). Und zugleich konnte die moderne Physik (QM, QFT, angewandte Physik) über ein halbes Jahrhundert beispiellose Erfolge erzielen, ohne dass philosophische Fragestellungen wichtig gewesen wären. Damit war der Bruch vollzogen.

In neuerer Zeit sieht das etwas anders aus. In der Öffentlichkeit spekuliert man lieber über Paralleluniversen, Mini-schwarze-Löcher usw., aber in der QM gibt es durchaus (weniger öffentlichkeitswirksam) Leute, die über ontologische Fragen nachdenken. Und seit die Grundlagenphysik ins Stocken geraten ist (seit ca. 30 Jahren ist unser Weltbild sozusagen abgeschlossen, wenn auch noch nicht experimentell bestätigt - Stichwort Higgs) muss man konstatieren, man in Grenzbereichen wie der Stringtheorie, der Quantengravitation und der Kosmologie letztlich immer auch Metaphysik betreibt - zumindest wenn man Physik als empirische Wissenaschaft begreift und dabei jedoch lernt, dass sich die moderne Physik mit Themen beschäftigt, die prinzipiell oder zumindest praktisch außerhalb des experimentell zugänglichen Bereiches liegen.

Damit steht m.E. ein Paradigmenwechsel an, den jedoch viele Physiker noch nicht vollzogen haben (viele der Basteleien in der Stringtheorie entsprechen den krampfhaften Versuchen, dem Bohrschen Atommodell auch für schwerer Elemente einen Sinn abzuringen - erst die Revolution der QM brachte da einen Durchbruch).

Ich sehe das jetzt eher aus der eingeschränkten Sicht des Physikers. Ich glaube also weniger, dass die Physik viel zu einer Ontologie beitragen kann, ich bin aber überzeugt, dass metaphysische Diskussionen wieder wichtiger werden, um im Rahmen der Physik voranzukommen - und sei es nur, um deren Grenzen besser zu verstehen.
Gruß
Tom

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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von HelmutHansen » 14. Apr 2012, 07:05

Lieber Tom,

ich denke, Deine Wahrnehmung ist zutreffend, dass man in Grenzbereichen der modernen Physik wie der Stringtheorie, der Quantengravitation und der Kosmologie letztlich immer auch Metaphysik betreibt. Es hat tatsächlich in dieser Richtung einen spürbaren Stimmungswandel gegeben.

Dafür gibt es eine Vielzahl von Hinweisen, die das bestätigen – nicht zuletzt die Entscheidung des Nobel-Komitees, den Nobelpreis für Physik für Arbeiten zur Dunklen Energie zu verleihen.

Ich habe kürzlich einen Artikel von dem „Korea Institute for Advanced Study“ gelesen – mit dem Titel: Modern Cosmology: Assumptions and Limits. Der Autor Jai-Chan Hwang vertrat die Auffassung, dass die Inflation, die kosmologische Konstante und die kalte Dunkle Materie nichts anderes seien als Namen für ungeklärte theoretische Mysterien, die eingeführt wurden, um das favorisierte kosmologische Standardmodell zu retten.

Wie beurteilst Du das?

Gruss
Helmut

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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von tomS » 14. Apr 2012, 08:41

HelmutHansen hat geschrieben:Ich habe kürzlich einen Artikel von dem „Korea Institute for Advanced Study“ gelesen – mit dem Titel: Modern Cosmology: Assumptions and Limits. Der Autor Jai-Chan Hwang vertrat die Auffassung, dass die Inflation, die kosmologische Konstante und die kalte Dunkle Materie nichts anderes seien als Namen für ungeklärte theoretische Mysterien, die eingeführt wurden, um das favorisierte kosmologische Standardmodell zu retten.

Wie beurteilst Du das?
Wäre nicht schlecht, den Artikel mal lesen zu können.

Na ja, zunächst mal sind diese drei Mechanismen tatsächlich spekulativer Natur; sie erlauben es, bestimmte heute beobachtete Phänomene im Kontext des kosmologischen Standardmodells - unter Hinzunahme dieser Mechanismen - zu erklären. Man kann ja mal einige Punkte auflisten, für die es ohne diese Mechanismen noch keine alternative oder akzeptable Erklärung gibt:
(1) Horizontproblem, Flachhheitsproblem, ... => Inflation
(2) beschleunigte Expansion => kosmologische Konstante
(3) Galaxienbildung, Galaxienstruktur, ... => dunkle Materie

(1) ist tatsächlich noch recht spekulativ, da die notwendigen "Zutaten" wie ein Inflatonfeld oder ein bestimmter Mechanismus der Quatengravitation noch nicht identifiziert sind
(2) ist eine zulassige Erweiterung der Einsteinschen allgemeinen Relativitätstheorie und eigtl. nicht überraschend; andereseits werden gerade dazu auch Alternativen diskutiert
(3) wäre nur über neue Materieformen zu erklären, für die man z.B. am CERN auf einen Nachweis hofft

Generell sind die Punkte nicht mysteriöser als z.B. die Einführung des Neutrinos, aber in der Gesamtheit wirkt es schon etwas bedenklich. Ich würde es aber nicht "Namen für ungeklärte theoretische Mysterien" nennenm, denn dahinter verbergen sich jeweils recht exakte Modelle. Das Proiblem ist m.E. nicht die Einführung dieser Mechanismen, sondern die Problematik, dass sie - sowie ggf. auch alternative Mechanismen - die Beobachtungen tatsächlich erklären können, ohne dass wir für die grunbdlegenden Mechanismen einen direkten experrimentellen Nachsweís bzw. eine Widerlegung haben.

Nehmen wir als Beispiel das von Pauli postulierte Neutrino, das eingeführt wurde, um den Energieerhaltungssatz zu "retten". Nehmen wir an, wir hätten für das Neutrino keinen experimentellen Nachweis. Dann könnten wir ja schlecht direkt die Existenz des Neutrinos behaupten, wenn wir nur indirekte Hinweise darauf haben und Alternativen nicht ausschließen können. Die ganze Verwirrung um das Neutrino legte sich mit dessen Nachweis (seine Widerlegung plus ein anderes Erklärunsgmuster hätte es auch auch getan).

Zurück zu (1-3): für alle drei Mechanismen steht der direkte experimentelle Nachweis bzw. die Widerlegung aus; das selbe trifft auch - soweit vorhanden - auf alternative Erklärungen zu. Das, und die Befürchtung, dass es so bleiben könnte, ist das Bedenkliche an der Situation!
Gruß
Tom

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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von HelmutHansen » 14. Apr 2012, 08:59

Lieber tom,

vielen Dank für die kompetente und ausgewogene Erklärung.

Wie der Besuch der Webseite von KIAS (Korea Institute for Advanced Study) gezeigt hat, ist der Artikel aus dem NEWSLETTER noch nicht online verfügbar. Ich selbst habe ihn in einer Print-Ausgabe gelesen, die an der hiesigen Universität auslag.

Gruss
Helmut

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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von PeterM » 14. Apr 2012, 11:42

@ seeker

Das kalte Wasser wären neue philosophische Erkenntnisse und zwar so gegliedert, dass es einen Sinn ergibt. Ich erwarte von der Philosophie eine Bereinigung der Gedanken. Offensichtlich sind meine Beiträge nicht richtig gelesen oder verstanden worden.

Du hast oft in deiner physikalischen Betrachtung philosophische Erkenntnisse, die fundiert begründet sind. Das führst du aber nicht weiter.

Ich überschätze nicht deine Fähigkeiten, sondern erkenne ein abruptes abbrechen deiner philosophischen Gedanken. Das ist alles.

Zu dem derzeitigen Thread kann ich nur sagen, dass ihr euch sprachlich auf einem sehr hohen Niveau bewegt. Ich erkenne aber nichts wesentlich neues. Eigentlich sagt ihr nur mit einem gewaltigen Wortaufwand, dass ihr auch nichts wisst.

Ich möchte auf folgende Aussage von rick hinweisen:

Wir können also mit Mathematik zu Ergebnissen gelangen, bei denen wir noch gar nicht in der Lage sind, sie zu verstehen. Anhand dieser Ergebnisse kann man dann versuchen die eigene Denkweise anzupassen

Diese Aussage von rick ist meines Erachtens so fundamental, dass sie nicht einfach so überlesen werden kann. Hier wären dann Philosphen gefragt, warum das so ist.

Letztlich bedeutet das doch, dass wir keine Theorien mehr brauchen, sondern uns den Ergebnissen anpassen müssen, die uns die Mathematik liefert. Diese können meiner Ansicht nach aber auch nur funktioneller Natur sein. Mehr geht offensichtlich nicht.

In diesem Satz von rick steckt aber auch noch eine schwerwiegende Aussage. Trotz falscher Theorien, kann die Mathematik „richtige“ Ergebnisse liefern. Offensichtlich geht es dabei in der Mathematik nicht um falsch oder richtig, sondern lediglich um Ergebnisse die man umsetzen kann.

Ich habe deinen netten Hinweis doch einen neuen Thread zu eröffnen verstanden. Ich werde mich an diesem Thread von nun an nicht mehr beteiligen. Ihr habt also Ruhe vor mir.

Ich wünsche aber trotzdem gutes Gelingen.

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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von seeker » 16. Apr 2012, 05:11

Lieber Peter,

nein du hast meinen Hinweis zu einem neuen Thread leider nicht so verstanden, wie er gemeint war.
In der Tat habe ich sogar 3x über diesen Satz drübergelesen mit genau der Befürchtung, du könntest ihn missverstehen. Leider fiel mir dann auf die Schnelle keine bessere Formulierung ein.

Mir ging es darum, dass dein Thema nach meinem Gefühl ein anderes Thema als das in diesem Thread thematisierte ist, wenn du dich auf meine früheren Gedanken beziehst. Ich befürchtete einfach, dass wir uns verzetteln, wenn wir das in diesen Thread hier (zumindest jetzt) hineinbringen - das ist alles.
Meine Bitte war also (ohne unterschwellige Hintergedanken oder versteckte Hinweise) genau so gemeint, wie ich sie aufgeschrieben habe.
PeterM hat geschrieben:Du hast oft in deiner physikalischen Betrachtung philosophische Erkenntnisse, die fundiert begründet sind. Das führst du aber nicht weiter.
Weil ich derzeit nicht weiterkomme. Vielleicht ist es auch eine Sackgasse. FALLS ich irgendwann weiterkomme erfährst du es als Erster!

Meine Gedanken bestehen ja im Kern aus dem hier:
http://abenteuer-universum.de/bb/viewto ... 4&start=82
(Vielleicht mit das Beste, das ich jemals selbst angedacht und aufgeschrieben habe.)

... und der Überlegung, dass vielleicht "Bewegung" grundlegender als Raum und Zeit (etc.) ist. Eigentlich geht z.B. die Stringtheorie sogar in diese Richtung, wenn man genau hinschaut.

PeterM hat geschrieben:Ich erkenne aber nichts wesentlich neues. Eigentlich sagt ihr nur mit einem gewaltigen Wortaufwand, dass ihr auch nichts wisst.
Ich denke, es passt einfach nicht recht in dein gedankliches System hinein und es bringt dich deshalb nicht weiter.
Das Neue ist, dass Helmut versucht eine empirische Verbindung zwischen Physik und Metaphysik zu finden.

Der von dir zitierte Satz von rick ist gut. Das ist wirklich ein Satz über den man nachdenken sollte.
Auch die Mathematik kann zu (mathematisch richtigen) Ergebnissen kommen, die auf die Realität bezogen aber bedeutungsleer- oder physikalisch gesehen falsch sind.
Das ist das Gefährliche daran.

Ich darf einen weiteren hervorragenden Satz zur Metaphysik bzw. zur wahren Natur des Seins von Tom zitieren, damit er nicht untergeht:
TomS hat geschrieben:Das Interessante ist, dass wir in dieser Diskussion ständig scheitern (da bin ich wieder bei den Positivisten), dass uns dieses Scheitern jedoch einige wesentliche Wahrheiten über die Wirklichkeit, die Realität, enthüllt.
Beste Grüße
seeker
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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von HelmutHansen » 16. Apr 2012, 11:13

Lieber tom,

gerade ist nachfolgende Email bei mir eingegangen:


"Dear Dr. Hansen, thank you for your interest in my essay. The NewsLetter is supposed to appear in KIAS webpage,
and I have noticed that it has not posted yet.
As the essay was later invited for publication in the Journal of Korean Astronomical Society, I have recently updated it with
proper references.
I will post it in astro-ph soon after it is accepted in that Journal.
I will let you know.
Best Regards, Jai-chan"

Wenn Du nach wie vor Interesse an dem Aufsatz hast, werde ich Dich entsprechend informieren.

Liebe Grüsse
Helmut

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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von tomS » 16. Apr 2012, 13:52

ja, bitte!

ich gehe davon aus, dass astro-ph die enstprechende Preprint-Datenbank bei arxiv bedeutet
Gruß
Tom

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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von deltaxp » 16. Apr 2012, 18:01

HelmutHansen hat geschrieben: Lieber Deltaxp,

ich akzeptiere natürlich Deine Haltung - und sie fängt die Stimmungslage der Physiker auch sehr gut ein. Der französische Physiker Jean Charon hat einmal gesagt, der sicherste Weg, als Physiker beruflich Selbstmord zu begehen, bestünde darin, sich mit Metaphysik zu beschäftigen, wobei er allerdings hinzufügte, dass die breite Öffentlichkeit gerade an diesen metaphysischen Fragen interessiert sei... und es gibt deutliche Anzeichen, dass diese Fragen in nicht allzu ferner Zukunft so sehr in den Brennpunkt der Öffentlichkeit rücken werden, dass Wissenschaftler gar nicht umhin können, sich ernsthaft mit diesen physikalisch tabuisierten Fragen auseinanderzusetzen.
Nehmen wir einmal an, die stringtheorie hat doch recht und es gibt ~10^500 stabile vacua gleichbedeutend mit 10^500 universen mit unterschiedlichen naturgesetzen. und welches der 10^500 realisiert wird, ist zufall. oder alle sind realisiert und unser wäre eins davon. das könnten man dann zb als das EINE definieren, das wir nicht hinterfragen könnten. aber es ist nicht transzendent, nicht unerklärbar, es ist nur eine der zufälligen quantenfluktuation, die alle eben vorkommen können in der qft. wir leben dan gemäss dem anthropischen prinzip halt genau in dem universum was unsere existenz zulässt.

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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von Skeltek » 16. Apr 2012, 19:51

Keine Zeit zum alles lesen, da krank, aber zum letzten Post mal:
Wenn ich bei Reinkarnation mehrmals hintereinander leben kann, ohne mich an mein früheres Leben im vorherigen Körper erinnern zu können, dann kann ich auch gleichzeitig mehrere verschiedene Körper gleichzeitig beleben ohne Zugang zu Erinnerungen oder Gedanken des anderen Körpers zu haben.
So können auch mehrere Universen paralell existieren, ohne daß eines auf die Existenz des anderen schließen kann. Du kannst nicht sagen, daß alle "gleichzeitig realisiert" sind, es ist für dieses Universum nicht relevant und auch irgendwie das falsche Wort.
Die Frage "welches von vielen Universen gerade realisiert ist" ist fast so unpassend wie die Frage "welche Gegenwart von unendlich vielen Zeitpunkten gerade jetzt realisiert ist"(Wenn man das Universum als 4dimensionales starres Objekt betrachtet, wo eine ganz bestimmte Querschnittsfläche die Gegenwart darstellt).

Welches "Hier und Jetzt" gerade jetzt realisiert ist, ist völlig rekursiv gefragt. Genauso die Sache welches Universum in ihm selbst gerade realisiert ist. Früher befassten sich die Leute mit einer ähnlichen aber viel einfacheren Frage: Wieso leben wir ausgerechnet auf einem bewohnbaren Planeten, wo es doch so viele gibt?
Gödel für Dummies:
  • Unentscheidbarkeit - Dieser Satz ist wahr.
  • Unvollständig - Aussage A: Es existiert nur ein Element A.
  • Widersprüchlich - Dieser Satz ist falsch.

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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von HelmutHansen » 17. Apr 2012, 06:41

Lieber Deltaxp,

in der von Dir angestellten Überlegung sind ja gerade die Eigenschaften aufgegeben, die für das EINE als charakteristisch angenommen worden sind. Eine dieser Eigenschaften nennst Du selbst: Es ist die Eigenschaft der TRANSZENDENZ. Aber gerade diese Eigenschaft ist eine der essenziellsten Eigenschaften des EINEN - und nicht, weil ich das persönlich verfüge, sondern weil diese spezifische Zuschreibung Bestandteil unseres philosophischen Erbes ist, welches auf Philosophen wie Platon und Parmenides zurückgeht. Wenn Du also diese Eigenschaft "weglässt", ist es nicht mehr möglich, von diesem Grund legitim als dem EINEN sprechen zu können. Dieser Willkür sind von philosophischer Seite enge Grenzen gesteckt.

So ist beispielsweise Transzendenz keine isolierte Eigenschaft, sondern verweist untrennbar auf etwas Immanentes, was wir gemeinhin mit dem physikalischen Universum identifizieren. Mit diesem Verweis ist die Existenz einer scharfen epistemologischen Grenze bezeichnet. Transzendenz ist zudem mit einer ganzen Reihe weiterer Eigenschaften, wie z.B. der der Unbedingheit, Unsichtbarkeit, Allgegenwart etc. verknüpft, welche in ihrer Gesamtheit das Eine nicht nur als etwas Unverwechselbares charakterisieren, sondern es zudem als fundamentalen Grund des Universums ausweisen, weswegen man es auch als URGRUND bezeichnet.

Da wir in der Vergangenheit jedoch nicht in der Lage waren, angeben zu können, wie sich dieser solchermaßen charakterisierte Urgrund innerhalb des physikalischen Universums zu erkennen gegeben hat, kam es in der historischen Folge zu Kant zu dem viel beschworenen "Ende der Metaphysik".

Um auf Deinen Beitrag zurückzukommen. Nehmen wir einmal an, dass EINE ließe sich tatsächlich als eigentliches Fundament des physikalischen (!) Universums nachweisen, dann wäre es - von seiner Chakterisierung her - nicht möglich, diesen Grund als eine zufällige Quantenfluktuation unter vielen anderen möglichen Quantenfluktuationen auffassen zu können, denn sobald Metaphysik als Wissenschaft gelingt, ist sie Fundamentaldisziplin.

Auf eben diesem Umstand gründet beispielsweise der Anspruch der katholischen Kirche im Besitz der ultimativen Wahrheit zu sein. Sie bezieht sich ausdrücklich auf dieses EINE. Das ist ihr neoplatonisches Erbe. Deswegen ist Metaphysik ein hochbrisantes Fach. Als Papst Johannes Paul II. 1998 seine Enzyklika FIDES et RATIO publizierte, war dies zugleich der Ruf nach einer Erneuerung der Metaphysik.

Was jedoch von katholischer Seite übersehen wird, ist der Umstand, dass Metaphysik, wenn sie gelingt, nicht nur Folgen für unser naturwissenschaftliches Weltbild hat, sie hat auch dramatische Folgen für unser GOTTESBILD. Ein Beispiel: Wenn sich Unsichtbarkeit tatsächlich als das natürliche Ergebnis einer spezifischen Konzeption des Universums erwiese, dann kann es eine Selbstoffenbarung Gottes nicht geben, weder am Beginn noch am Ende der Zeit. Unsichtbarkeit erweist sich dann als eine temporär unaufhebbare Eigenschaft. Und Unsichtbarkeit ist eine der zentralen Eigenschaften des christlichen Gottesbildes: Röm 1, 20. Nur wird diese spezielle Eigenschaft im Sinne eines sich verbergenden personalen Gottes (deus absconditus) interpretiert.

Gruss
Helmut

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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von tomS » 17. Apr 2012, 07:07

Helmut,

ich würde mich leichter tun, wenn ich deine Überlegungen zumindest in die Nähe eines (mir) bekannten Philosophen einordnen könnten. Wo siehst du dich denn da?
Gruß
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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von seeker » 17. Apr 2012, 10:29

Lieber Helmut,

ich würde gerne noch einen Schritt zurück tun.
Ich befürchte, dass du den Unmut einiger Mitglieder herausforderst, wenn du dich hier zu weit vorwagst und zu sehr die bösen Worte G. und R. erwähnst, besonders wenn du vielleicht falsch verstanden werden solltest. Ich denke, du weißt selbst wie schwierig das ist und wie leicht man in den Verdacht kommt ein Esoteriker zu sein (was ich dir nicht unterstelle), wenn man ein Querdenker ist.
HelmutHansen hat geschrieben:Es muss sich also für diese beiden „Bereiche“ zwingend ein jeweils identisches Merkmal/Element etc. nachweisen lassen. Dies ist beispielsweise eine restriktive Bedingung, die in der Allgemeinen Relativitätstheorie nicht nur nicht erfüllt sein muss, sie widerspricht sogar dem Geist der Relativität. Dies wird deutlich, wenn man annimmt, dass dieses identische Element der Begriff des Inertialsystems ist. In einer metaphysischen Theorie muss es also nicht nur lokal, sondern auch global ein Inertialsystem geben, denn nur so ist der Forderung der Koinzidenz Genüge getan. In der Allgemeinen Relativitätstheorie hingegen ist die Existenz eines globalen Inertialsystems als theorieleitender Begriff ausgeschlossen. Was Einsteins Theorie natürlich nicht davon entbindet, für das entsprechende Faktum – sprich: für Mach0 – eine Erklärung finden zu müssen.
Ich weiß nicht ob ein globales Inertialsystem in der ART ausgeschlossen ist. Die ART schweigt dazu und wir interpretieren die ART vielleicht nur so. Der "Geist" der ART ist in Wirklichkeit unser "Geist", unsere Art die Dinge heute zu deuten.
Eigentlich spielst du mir mit diesem Gedanken voll in die Karten. Ich mache mir schon seit einiger Zeit Gedanken dazu, wie ein globales IS aussehen könnte, welche Hinweise es dazu gibt und welche Grundannahmen man dazu treffen muss.

Siehe z.B. hier:
http://abenteuer-universum.de/bb/viewto ... f=6&t=2110

Zu Machs Prinzip:
http://en.wikipedia.org/wiki/Mach_principle
HelmutHansen hat geschrieben:Bei diesem Grundsatz geht es um die theoretische Deutung von Koinzidenzen – also um das gemeinsame Auftreten zweier Ereignisse. Hierbei wird – Wikipedia zufolge – zwischen 5 Fällen unterschieden:

1. A verursacht B,
2. B verursacht A,
3. eine gemeinsame Ursache X hat sowohl A als auch B zur Folge,
4. eine Ursache Y bringt einerseits x und andererseits x' hervor, aus denen hier A und dort B folgen
(wobei für x und x' verschiedene Bedingungen gelten können bezüglich des Eintretens von A bzw. B)
5. A und B treten – ohne weiteren Zusammenhang – zufällig zur gleichen Zeit auf.

In der modernen Physik wird Mach0 in der Regel, so wie es auch von Einstein versucht worden ist, durch Fall 2 erklärt: Die globale Massenverteilung resp. das globale Inertialsystem (B) bestimmt das lokale Trägheitsverhalten resp. das lokale Inertialsystem (A). In der hier skizzierten Metaphysik ist Fall 3 angenommen: Das Eine (X) ist gemeinsame Ursache von A (globales Inertialsystem; Grösstes) und B (lokales Inertialsystem; Kleinstes).
Ich habe nachgedacht und ich glaube, dass du Fall 3 annehmen musst, damit du keine Widersprüche in deinem System erzeugst.
Ist das richtig?

Wir sollten auch darüber reden, warum die moderne Physik in der Regel Fall 2 annimmt und ob/wie man empirisch nachweisen könnte, dass genau Fall x vorliegt und kein anderer.

Bei der Kueschen Figur müssen wir auch folgendes bedenken:

Das betrachtete Ding/Eigenschaft muss von 0 bis unendlich als dasselbe identifiziert werden können, zumindest die Ursache dieser Eigenschaft.
Das ist auf den 2. Blick nicht mehr klar: Ist eine 0-Länge noch eine "Länge", ist eine unendliche Länge noch "Länge"?
Was, wenn wir z.B. irgendwo emergente Umwandlungen haben, sodass "Länge" erst ab einer bestimmten Größe "Länge" ist, aber vorher etwas anderes?
Dem genügst du evtl. mit deinem Hinweis der Unsichtbarkeit. Das, was uns als betrachtete Länge erscheint, emergiert aus dem Unsichtbaren.
Es bleibt aber nach wie vor der "Emergenzübergang" zu klären - und diese Klärung könnte sich als unmöglich erweisen, womit dein gesamtes System vor einem schwerwiegenden Problem stünde.
Außerdem bleibt zu klären, ob die Achsenbeschriftung deiner Schaubilder stimmt (PDF, Abb.3, S.21), denn diese Beschriftung könnte evtl. "Unsichtbar" (also "viel/wenig x unsichtbar") lauten müssen und nicht Raum/Größe.

Was meinst du dazu?

Beste Grüße
seeker
Grüße
seeker


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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von HelmutHansen » 17. Apr 2012, 10:31

Tom,

es ist natürlich schwierig, auf Deine Bitte einzugehen, wenn ich Philosophen nennen soll, die DIR bekannt sind.

Wer sich mit Metaphysik auseinandersetzt, kann sicherlich nicht umhin sich mit Platon, Aristoteles, Plotin und Parmenides auseinanderzusetzen - sie sind die vielleicht bekanntesten Gründungsväter der klassischen Metaphysik. Die von mir geführte Auseinandersetzung mit ihnen ist sicherlich nicht systematisch.

Dies gilt eigentlich für alle Philosophen, mit denen ich mich beschäftigt habe, sowohl für die antiken als auch für die neuzeitlichen, wie z.B. Kant. Es ist für einen Einzelnen - wie ich schon sehr früh einsehen musste - gar nicht möglich, die gesamte, metaphysisch relevante Literatur zu überblicken, geschweige denn mit ihr vertraut zu sein. Diese Aufgabe erweist sich schlicht als unerfüllbar, wenn eine entsprechende Auseinandersetzung mit der Physik, insbesondere der modernen Kosmologie, hinzukommt.

Es gibt natürlich Philosophen (wie auch Physiker), die mich mehr beeinflusst haben als andere. Unter den Philosophen wäre dies zweifellos Nikolaus von Kues. Seine coincidentia oppositorum war von wesentlicher heuristischer Funktion für die ersten Schritte in Richtung einer modernen Metaphysik. Die von mir hier im Forum angesprochene Kuesche Figur ist eine Referenz an diese Bedeutung von Nikolaus von Kues.

Wenn Du meine Webseite

http://www.helmuthansen.de

besuchst, siehst Du unter Topics den Menüpunkt CUSANUS-Zyklus. Dieser Bereich gilt ausschließlich der Auseinandersetzung mit den Überlegungen des Nikolaus von Kues und zeigt die Bedeutung, die er für mich hat. (Cusanus ist lediglich die latinisierte Form seines Namens.)

Ein weiterer Philosoph, der mich sehr beeinflusst hat, war Carl Friedrich von Weizsäcker, der so freundlich war, schon meine "frühen" Arbeiten weiter zu empfehlen. Er ist einer der ganz wenigen Physiker, der eine Brücke zu den antiken Denkern geschlagen hat. Seine Texte in den Büchern Die Einheit der Natur, Aufbau der Physik und Zeit und Wissen waren für mich in dieser Hinsicht sowohl stilbildend als auch wegweisend.

Ich hoffe, dass Dir diese wenigen Zeilen dabei helfen, mich einzuordnen.

Gruss
Helmut

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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von tomS » 17. Apr 2012, 11:23

Na, das ist doch schon mal was ;-)
HelmutHansen hat geschrieben:Wer sich mit Metaphysik auseinandersetzt, kann sicherlich nicht umhin sich mit Platon, Aristoteles, Plotin und Parmenides auseinanderzusetzen
Platon und Aristoteles habe ich früher recht intensiv studiert; Parmenides nur teilweise.
HelmutHansen hat geschrieben:Ein weiterer Philosoph, der mich sehr beeinflusst hat, war Carl Friedrich von Weizsäcker, ... Seine Texte in den Büchern Die Einheit der Natur, Aufbau der Physik und Zeit und Wissen ...
Habe ich leider alles nicht gelesen - ist eigtl. eine Schande.

Unter all den genannten halte ich Carl Friedrich von Weizsäcker für den wichtigsten, da er der einzige ist, der die moderne Physik kennt und teilweise maßgeblich mit geprägt hat. Ich werde nicht müde zu betonen, dass insbs. die Quantenmechanik nicht rückwirkungsfrei bzgl. Realitätsbegriff, Phänomenologie, Ontologie usw. ist - d.h. ein Philosoph, der sich heute mit Metaphysik beschäftigt, muss sich eben auch mit Physik befassen.

(ich habe auch moderne Philosophen wie Heidegger, Sartre, Camus, ... Habermaß, ... Focault, Derrida gelesen; alles sehr spannend, aber mit einem naturwissenschaftlichen Weltbild unvereinbar; oder sagen wir es anders, es existiert keine gemeinsame Sprache)
Gruß
Tom

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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von HelmutHansen » 17. Apr 2012, 17:15

Lieber Seeker,

in der Auseinandersetzung mit Fragen der Metaphysik tauchen Themen wie GOTT resp. RELIGION unvermeidlich auf. Es stimmt natürlich, GOTT ist, wie schon Martin Buber einmal gesagt hat, das beladenste aller Menschenworte. Mein Wunsch, eine moderne Metaphysik ins Leben zu rufen, ist jedoch gerade von dem Impuls geleitet, dieses "böses" Thema mit den Mitteln der modernen Physik aufzuklären und herauszufinden, was es damit wirklich auf sich hat.

Es ist eine allgemeine wissenschaftshistorische Erfahrung, dass Wirklichkeitsbereiche, die Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen werden, eine tiefgreifende Entmythologisierung und Depersonalisierung erfahren. Ein hierfür bezeichnendes Beispiel ist die Aufklärung des Geheimnisses der Evolution oder allgemeiner: des Lebens.

Ich habe - um dies in aller Deutlichkeit zu sagen - keineswegs die Absicht, eine bestehende Religion zu rechtfertigen oder gar eine neue zu begründen. Mir geht es um Aufklärung... und der Bereich der Transzendenz ist bis heute unaufgeklärt geblieben. Es ist der einzige Bereich der Wirklichkeit, über den wir - im Grunde genommen - in wissenschaftlicher Hinsicht nichts Verbindliches wissen - und dennoch sind wenigstens mehr als zwei Milliarden Menschen davon überzeugt, zu wissen, was es damit auf sich hat.

Du hast Recht, mit Erreichen der metaphysisch ausgezeichneten Werte von R = Null (oder s = 0) oder R = Unendlich wird der Begriff der "Länge" (resp. des Raumes) unanwendbar - und muss es auch, wenn man von dem Begriff der Transzendenz sinnvoll Gebrauch machen will. Das ist - wie schon an anderer Stelle gesagt - die eigentliche Pointe des gesamten Programms. Und Du hast ebenfalls Recht mit der Annahme, dass der durch diese beiden Werte bezeichnete "Raum" ein- und derselbe sein muss.

Zu der von Dir ebenfalls angesprochenen Achsenbeschriftung: Da Abb. 3 Bezug auf das sichtbare Universum nimmt, findet der Begriff Unsichtbarkeit mit Blick auf das gezeigte Schema - strenggenommen - keinerlei Anwendung. Er bezieht sich auf den Aussenbereich dieses Schemas. Seine Anwendbarkeit ist allenthalben eine mittelbare, wie sie beispielsweise mit der Kueschen Figur bezeichnet ist. Das Schema ist lediglich der Versuch, sich eine Struktur vorzustellen, die sich stimmig in die von der Kueschen Figur bezeichnete Rahmenbedingung einfügt. Es ist durchaus denkbar, dass diese Struktur in topologischer Hinsicht eine etwas andere Gestalt hat. Sie könnte beispielsweise trompetenförmig sein. Wir bewegen uns hier auf einer metaphysisch noch weitgehend unausgeloteten Ebene. Ich hoffe jedoch, dass sich diese topologische Struktur zu gegebener Zeit zwangslos aus allgemeinen logischen Bedingungen ergibt.

Dass Dich Deine Bemühungen dahin gebracht haben, dem Begriff des "globalen Inertialsystems" nachzuspüren, wundert mich nicht. Wie ich aus anderen Forumsbeiträgen entnehmen konnte, ist das EINE für Dich gleichfalls eine ernstzunehmende Option, über die Wirklichkeit nachzudenken. Eben diese Option bringt es mit sich, über die Existenz eines globalen Hintergrundes nachzudenken. Ich werde dem von Dir geposteten Link (zum Thema: Globales Inertialsystem) nachgehen, die entsprechenden Forumsbeiträge studieren und Dir dann in diesem Forum eine Antwort posten.

Dass die Physik Fall 2 favorisiert, ergibt sich aus ihrer erkenntnistheoretischen Grundhaltung, sich in der Erforschung der Wirklichkeit vorzugsweise an das Sichtbare zu halten.

Gruss
Helmut

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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von seeker » 17. Apr 2012, 20:53

Lieber Helmut,

danke für die nochmalige deutliche Darlegung deiner Intentionen. Ich kann deine dort dargestellte Ansicht teilen.
(Ich musste diese Anmerkungen in meiner Eigenschaft als Moderator dieses Forums schreiben, um mehr Klarheit zu schaffen.)

Danke auch für deine weiteren Ausführungen, die meinem Verständnis weiterhelfen.

Ich möchte noch einmal zu meinem angesprochenen "Emergenzproblem" zurückkommen:
Wie siehst du das? Wie siehst du "Emergenz" im Allgemeinen?
Hast du eine Idee, wie man der Emergenz beikommen könnte oder sie wenigstens ihrer Bedeutung nach richtig einordnen könnte?

Beste Grüße
seeker
Grüße
seeker


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Re: Weltformel, Physik und Metaphysik

Beitrag von tomS » 18. Apr 2012, 00:40

Lass' uns mal ganz konkret den Begriff 'Transzendenz' im Kontext von Physik und Metaphysik näher beleuchten.

Er bezeichnet doch generell ein XXX, das einen begrifflichen oder erkenntnistheoretischen Rahmen, eine Seinsebene, ... überschreitet. Bei Platon überschreitet z.B. die Erkenntnis der Dinge letztlich die Dinge selbst und verweist auf die Welt der Ideen, an denen die Dinge teilhaben; diese Überschreitung wird dadurch möglich, dass auch für uns selbst eine Teilhabe an dieser Welt der Ideen existiert.

Ich denke, in gewisser Weise ist dieses Muster für den Begriff der Transzendenz allgemeingültig, auch wenn das was überschritten wird, das was überschreitet, und wohin es jeweils überschreitet je nach philosophischer Richtung unterschiedlich ausgeprägt ist.

Im Kontext von Physik und Metaphysik wäre doch gerade ein Überschreiten der Physik hin zur Metaphysik ein Beispiel für ein derartiges Muster - richtig?

Die Frage ist nun, ob diese Begriffe überhaupt einen vom Menschen unabhängige Bedeutung haben!

Sie erhalten doch gerade dadurch ihre Bedeutung, dass wir nach menschlichen Kategorien eine "Unterteilung des Seins" einführen, und dass wir nach erfolgter "Unterteilung" uns auf die Unteilbarkeit zurückbesinnen und diese "retten" wollen, indem wir in einem bestimmten Teil sozusagen eine Transzendenz identifizieren, die über das hinausweist, was wir gerade erst mühsam als Teilbereich konstruiert haben. Natürlich können wir Menschen nur vom Menschen her denken. Aber ist es nicht so, dass wir ein Scheinproblem lösen, das erst dadurch entsteht, dass wir es diskutieren? (die Ausreisegenehmigung in der DDR hatte keinen Wert an sich, sondern sie hatte ihn erst durch die beschränkte Reisefreiheit; es ist doch nicht so, dass dass Eingesperrtsein über die Reisegenehmigung hin zu einer Reisefreiheit transzendiert usw. usw. usw).

Auch diese Analyse sollte ziemlich unabhängig von einer speziellen philosophischen Richtung sein.

Wenn ich damit einigermaßen richtig liege, dann sollte man sich eingestehen, dass man aus diesen Diskussionen heraus nicht auf Seinsebenen, Ontologien usw. schließen sollte, sondern dass sich letztlich all diese Denkbewegungen in einem epistemologischen Rahmen bewegen - und dass wir selbst nicht in der Lage sind, diesen Rahmen zu erkennen, zu verstehen oder gar zu überschreiten. Oder andersherum: die Transzendenz - diskutiert in einem bestimmten Kontext - verweist einfach auf die Beschränktheit dieses Kontexts.

Insofern wäre Physik einfach das, was wir mit bestimmten Methoden erschließen, verstehen, erkennen, ..., können - und Metaphysik wäre einfach das, was außerhalb dieses spezifischen (und in gewisser Weise willkürlich geschaffenen) Begriffsrahmens liegt. Wenn dem so ist, dann folgt daraus nichts weiter, als dass wir nicht wissen können, und auch nicht wissen könenn, was wir wissen können. Noch viel schlimmer, daraus folgt auch, dass wir den Begriff Transzendenz nicht diskutieren könenn, wenn wir ihm uns mit jeweils unterschiedlichem Kontext annähern.

Im Rahmen der Physik würde ich sagen, dass die Physik eben nicht über den Bereich außerhalb der Physik Aussage treffen kann; sie kann höchstens konstatieren, dass es ihn wohl geben wird.
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
Sir Karl R. Popper

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