belgariath hat geschrieben: ↑27. Jan 2021, 19:28
Okay aber warum ist das bzw. was ist daran eigentlich so schwer?
Die Entfernung kann nicht das Problem sein. Eventuell hat es was mit der Relativgeschwindigkeit der Erde in Bezug auf den Merkur zu tun.
Vor allem frage ich mich, warum die Sonde erst 2025 in eine Umlaufbahn geht, wenn sie schon dieses Jahr den Merkur erreicht bzw. ein Swing-By-Manöver an ihm durchführt?
Die größte Impulsänderung erfahren Sateliten, wenn die Triebwerke möglichst nahe am tiefsten Punkt des Orbits verwendet werden. Man versucht über Swingby-Manöver den tiefsten Punkt des Orbits (Periapse) möglichst nahe an den nächsten Himmelskörper zu drücken... dabei wird der höchste Punkt des Orbits(Apoapse) zunächst erhöht. Sobald sich Planet und Satelit an der Periapse treffen, ist ein erneutes Swingby-Manöver möglich, wobei hier zeitgleich ein guter Zeitpunkt ist, Bewegungsenergie zu reduzieren. Dabei wir der tiefste Punkt des Orbits wieder so gelegt, daß er die Bahn des nächsttieferen Planeten kreuzt. Man hangelt sich halt nach unten zur Venus durch.
Das bemerkenswerte ist hierbei, daß die Bahn so gelegt wird, daß sich die Apoapse(höchster Bahnpunkt des Orbits) zunächst von der Sonne erhöht, weil man am höchsten Punkt der Bahn dann durch den Antrieb den tiefsten Punkt des Orbits weiter richtung Sonne schieben kann. Man entfernt sich sozusagen, damit man später weniger Energie braucht um näher ran zu kommen.
Am Merkur angekommen, macht man wieder Swingbys, indem man 'Außen' am Merkur vorbeifliegt... zeitgleich bremst man, um die Apoapse zu verringern. Um länger 'Spaß' am Swingby am Merkur zu haben, wird hier nicht nur gegen die Bewegungsrichtung gebremst, sondern auch ein wenig in Richtung Merkur beschleunigt, damit man länger in der Nähe seines gravitativen Einflusses bleibt. Durch letzteres wird die Apoapse leicht verschoben, während das Bremsen ihren Abstand zur Sonne verringert.
Hier ist die Problematik:
Der Merkur ist zu gravitationsarm, um einen längeren Aufenthalt in seinem Einflussbereich während des Swingbys zu haben. Auch wird durch den Radius des Planeten die maximal erfahrbare Gravitationskraft verringert. Während man mit hoher Relativgeschwindigkeit bei einem leichten und wenig dichten Himmelskörper nur wenige Grad Ablenkung erfahren kann und der maximale Impulsaustausch eher gering ist, ließe sich bei einem schwarzen Loch derselben Masse die Bewegungsrichtung um praktisch bis zu 180° umdrehen (theoretisch sogar leicht über 180°, wegen Dragging Effekt).
Daher muss man dieses Swingby Manöver mehrmals durchführen, um bei jedem Gravity-Assist immer ein Stückchen mehr Bahnimpuls zu verlieren (bzw an den Planeten zu übertragen). Die eliptische Bahn des Sateliten muss sich in seiner Periapse jedoch jedes mal mit dem Orbit des Merkur überschneiden. Solange die Apoapse der Sonde größer ist als die des Merkur, wird der Merkur mehr als ein mal um die Sonne gekreist sein, bis die Sonde auch wieder im selben Punkt ist (die Sonde braucht pro Umlauf einfach mehr Zeit, weil die Strecke länger ist, weiter von der Sonne weg und sie an ihrem höchsten Bahnpunkt langsamer fliegt). Deshalb muss man mindestens 2 Merkur-Jahre warten, bevor die Sonde sich wieder am selben Punkt(an der Periapse) mit Merkur treffen kann für einen erneuten gravity-assisted Swingby. Ich würde vermuten, daß das ganze Manöver nach erstem Merkurkontakt vermutlich 0, 2, 5 oder mehr Merkur-Jahre benötigt (die optimale Varianten um eine gutes Verhältnis aus Treibstoff- und Zeit-Ersparnis zu erreichen). Die zeitlichen Abstände zwischen den Swingbys entsprechen den kgVs der aktuellen Umlaufzeiten von Planet und Satellit - der vom Merkur ist fix, der der Sonde wird immer genau so angepasst, daß man sich beim nächsten Periapsendurchlauf nicht verpasst.
Ich hab aber nur geraten, wie das Optimum für die Nasa aussieht...umso mehr Treibstoff man sparen will, umso mehr Zeit muss man opfern. Was die Nasa für optimal hält ist möglicherweise was anderes als was ich dafür halte.
Es gibt sicherlich irgendwo ein Video, wo man die geplante Flugbahn beobachten kann. Für mich interessant wäre, wie die letzten Bahnmanöver bzw Swingbys koordiniert sind. Ich stelle hier größtenteils nur Mutmaßungen.