Überabzählbarkeit von IR über IN (oder gleichwertig: über IQ)

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tomS
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Re: Überabzählbarkeit von IR über IN

Beitrag von tomS » 3. Mai 2020, 16:22

Noch eine Beweisskizze für

|Π(R)| = |F| = |P(R)|


Betrachte die „Konstruktion“ aller

f ∈ F = {f : R → R}

Wenn x ganz R durchläuft, dann ist je x der mögliche Funktionswert f(x) ∈ R

Daraus folgt die Mächtigkeit „R über R“

|F| = |RR|


Endliches Analogon:

Die Grundmenge sei {0,1,2}; die Wertemenge sei {a,b}; wenn x die Grundmenge x = 0,1,2 durchläuft, dann lauten die möglichen Funktionswerte

f(x=0) = a,b
f(x=1) = a,b
f(x=2) = a,b

d.h.

|F| = 2³ = 8



Betrachten wir nun die Konstruktion aller

π ∈ Π = {π : R → R | π bijektiv} ⊂ F

Wiederum durchlaufe x ganz R.

Seien alle π ∈ Π „konstruiert“ für alle a < x und betrachten wir nun die möglichen Funktionswerte einer Funktion π für genau dieses x.

Es sei

Dx = ]-∞,x[

die Menge aller bereits durchlaufenen a < x und π(D) die Menge aller dabei bereits durchlaufenen Funktionswerte π(x < a)

Die Menge aller noch zulässigen Funktionswerte für π(x) ist dann offenbar

R \ π(Dx)

Für einen Funktionswert π(x) aus π(Dx) wäre π keine Bijektion.

Nun ist jedoch für allgemeine Funktionen

| R \ π(Dx) | = |R|

und somit in Analogie zu F

|Π| = |RR|
Gruß
Tom

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Re: Überabzählbarkeit von IR über IN (oder gleichwertig: über IQ)

Beitrag von ralfkannenberg » 3. Mai 2020, 22:12

tomS hat geschrieben:
3. Mai 2020, 15:42
Also G ⊂ F ist eine Menge von Funktionen g von R auf R. Demnach durchläuft x die reellen Zahlen.
Hallo Tom,

zurecht weist Du mich darauf hin, dass ich Definitions- und Wertebereich nicht angegeben habe, was dann zur Folge hatte, dass mir dieser Fehler unterlaufen ist.


Besten Dank und freundliche Grüsse, Ralf

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Re: Überabzählbarkeit von IR über IN (oder gleichwertig: über IQ)

Beitrag von tomS » 3. Mai 2020, 23:01

Aber du musst doch eine Idee zu dieser Indexfunktion gehabt haben.
Gruß
Tom

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Re: Überabzählbarkeit von IR über IN (oder gleichwertig: über IQ)

Beitrag von ralfkannenberg » 3. Mai 2020, 23:12

tomS hat geschrieben:
3. Mai 2020, 23:01
Aber du musst doch eine Idee zu dieser Indexfunktion gehabt haben.
Hallo Tom,

ja, aber es geht nicht auf, weil ich auf verschiedenen Mengen "operiert" habe. Mir war schon klar, dass es so nicht gehen wird, aber ich hatte den konkreten Fehler nicht gesehen und deswegen nachgefragt.

Und selbst wenn es aufgegangen wäre, so hätte man daraus noch lange nicht schliessen können, dass die Mächtigkeiten wirklich verschieden gewesen wären. - Ich wäre sehr überrascht gewesen, wenn es so einfach gegangen wäre, deswegen war ich mir auch sicher, dass da in meiner Argumentation ein Fehler vorliegen muss.


Freundliche Grüsse, Ralf

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Re: Überabzählbarkeit von IR über IN (oder gleichwertig: über IQ)

Beitrag von tomS » 3. Mai 2020, 23:26

na dann ... schau dir doch mal meine Ideen an, ob du die für schlüssig hältst;-)
Gruß
Tom

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Re: Überabzählbarkeit von IR über IN (oder gleichwertig: über IQ)

Beitrag von ralfkannenberg » 4. Mai 2020, 10:26

tomS hat geschrieben:
3. Mai 2020, 23:26
na dann ... schau dir doch mal meine Ideen an, ob du die für schlüssig hältst;-)
Hallo Tom,

ich bin mir das Rechnen mit Mächtigkeiten nur in sehr eingeschränktem Umfang gewohnt, meist im Kontext einer abzählbaren Liste. Letzte Woche habe ich erstmals in meinem Leben den Wohlordnungssatz angewandt, ok, es erschien mir seltsam, aber nicht übermässig schwer, auch wenn mir mit der Möglichkeit dieser unendlich langen "Zwischenglieder" die Intuition dazu völlig fehlt.

Und bei den Betrachtungen der Mächtigkeiten von aleph_2 kenne ich mich wirklich überhaupt nicht aus, weiss aber, dass man im Kontext der Mächtigkeiten intuitiv rasch mal in die Irre geführt ist.

Auch wenn mir Deine Konstruktion insgesamt plausibel erscheint, so sitze ich da auf der Schulbank und mein Urteil dazu ist nichts wert.


Freundliche Grüsse, Ralf

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Re: Überabzählbarkeit von IR über IN (oder gleichwertig: über IQ)

Beitrag von tomS » 4. Mai 2020, 12:54

ralfkannenberg hat geschrieben:
4. Mai 2020, 10:26
Auch wenn mir Deine Konstruktion insgesamt plausibel ...
... so könntest du sie doch kritisieren;-)
Gruß
Tom

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Re: Überabzählbarkeit von IR über IN (oder gleichwertig: über IQ)

Beitrag von ralfkannenberg » 5. Mai 2020, 15:50

tomS hat geschrieben:
3. Mai 2020, 07:38
Etwas googeln liefert diverse Beweise ;-)
Hallo Tom,

ich habe mehr als nur "etwas" gegoogelt und trotzdem nichts gefunden.

Das heisst nicht, dass ich gut gesucht habe, aber vielleicht kannst Du mir trotzdem einen Tipp geben.


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Re: Überabzählbarkeit von IR über IN (oder gleichwertig: über IQ)

Beitrag von ralfkannenberg » 5. Mai 2020, 17:20

Hallo zusammen,

wir Ihr sicherlich bemerkt habt komme ich in diesem Thread immer wieder an die Grenzen meiner Erfahrung und meiner Intuition.

Deswegen eine Frage, auch wenn das ein "Exkurs" ist und ich eigentlich vorgängig mehr über aleph_2 in Erfahrung bringen möchte: was ist die Mächtigkeit der "Menge aller Mengen", dem "Ding", das mit dem Russell'schen Paradoxon zunächst einmal ein sehr ernsthaftes Problem mit der Widerspruchsfreiheit hat, wenn man sich da nicht in den Klassen-Begriff rettet.

Da sich ja aleph_(n+1) mit n in IN als Menge aller Teilmengen einer Menge mit der Mächtigkeit aleph-n ergibt, müssten ja alle Konstrukte der Mächtigkeit aleph_n für alle n in IN in der "Menge aller Mengen" enthalten sein.

Das heisst, ein - wie auch immer zu definierender Grenzübergang für diese aleph_n könnte zu einer Art "aleph_unendlich" führen und könnte der "Menge aller Mengen" zugeordnet werden. Ich verwende absichtlich viele Konjunktive.

Und da "unendlich" als Zahl nicht definiert ist, kann man bei einem solchen Grenzübergang Probleme bekommen, beispielsweise in Form des Rusell'schen Paradoxon.


Ist das so oder sitze ich hier einem Irrtum auf ?


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Re: Überabzählbarkeit von IR über IN (oder gleichwertig: über IQ)

Beitrag von tomS » 5. Mai 2020, 23:17

ralfkannenberg hat geschrieben:
5. Mai 2020, 15:50
tomS hat geschrieben:
3. Mai 2020, 07:38
Etwas googeln liefert diverse Beweise ;-)
Hallo Tom,

ich habe mehr als nur "etwas" gegoogelt und trotzdem nichts gefunden.

Das heisst nicht, dass ich gut gesucht habe, aber vielleicht kannst Du mir trotzdem einen Tipp geben.
Sei F die Menge aller Funktionen f(x), die reelle Zahlen x auf reelle Zahlen f(x) abbilden.

Zu zeigen ist, dass |F| > |R|.

Wir nehmen an, es gelte |F| = |R|, und führen das mittels eines Diagonalargumentes zu einem Widerspruch.

Unter dieser Annahme existiert eine bijektive Abbildung von F auf das Intervall [0,1]. Sei also einer Zahl z aus [0,1] die Funktion fz(x) zugeordnet.

Wir konstruieren eine Funktion g(z) so, dass für alle z gilt: g(z) ≠ fz(z).

Dieses g(x) ist ebenfalls eine Funktion aus F, und demnach g(x) = fa(x) für ein a.

Betrachten wir nun g(a) = fa(a): gemäß Konstruktion gilt jedoch jedoch g(a) ≠ fa(a), und dies ist ein Widerspruch.

Demnach ist die Annahme |F| = |R| falsch, d.h. |F| > |R|.
Gruß
Tom

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Re: Überabzählbarkeit von IR über IN (oder gleichwertig: über IQ)

Beitrag von ralfkannenberg » 6. Mai 2020, 00:34

tomS hat geschrieben:
5. Mai 2020, 23:17
Sei F die Menge aller Funktionen f(x), die reelle Zahlen x auf reelle Zahlen f(x) abbilden.

Zu zeigen ist, dass |F| > |R|.
Hallo Tom,

herzlichen Dank, der Beweis kommt in mein "Repertoire" !

Und jetzt endlich verstehe ich auch, was Du mir damals sagen wolltest:

1. |F| > |R|
2. |P(R)| > |R|

Aber ob |F| = |P(R)| gilt kannst Du nicht beweisen.


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Re: Überabzählbarkeit von IR über IN (oder gleichwertig: über IQ)

Beitrag von tomS » 6. Mai 2020, 07:48

ralfkannenberg hat geschrieben:
6. Mai 2020, 00:34
herzlichen Dank, der Beweis kommt in mein "Repertoire" !
Gerne.
ralfkannenberg hat geschrieben:
6. Mai 2020, 00:34
Aber ob |F| = |P(R)| gilt kannst Du nicht beweisen.
Nicht so einfach, aber doch, das geht natürlich auch.
Gruß
Tom

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Re: Überabzählbarkeit von IR über IN (oder gleichwertig: über IQ)

Beitrag von tomS » 6. Mai 2020, 21:27

Sei F die Menge aller Funktionen f(x), die reelle Zahlen x auf reelle Zahlen f(x) abbilden.

Zu zeigen ist zunächst, dass |P(R)| ≤ |F|.

Sei A ⊆ R eine beliebige Teilmenge von R, und damit insbs. A ∈ P(R), also Element der Potenzmenge von R.

Sei ξA(x) die Indikatorfunktion der Menge A, d.h. wenn x ∈ A, dann ξA(x) = 1, sonst 0.

Damit ist ξA ∈ X ⊂ F.

Außerdem sind alle diese Funktionen ξA verschieden, d.h. wenn A ≠ B, dann und nur dann ξA ≠ ξB.

Damit liegt eine bijektive Abbildung von P(R) auf die Menge der Indikatorfunktionen X ⊂ F vor, und damit ist |P(R)| = |X| ≤ |F|.

Damit ist |P(R)| eine untere Schranke von |F|.
Gruß
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Re: Überabzählbarkeit von IR über IN (oder gleichwertig: über IQ)

Beitrag von ralfkannenberg » 7. Mai 2020, 10:14

tomS hat geschrieben:
6. Mai 2020, 21:27
Sei F die Menge aller Funktionen f(x), die reelle Zahlen x auf reelle Zahlen f(x) abbilden.

Zu zeigen ist zunächst, dass |P(R)| ≤ |F|.

Sei A ⊆ R eine beliebige Teilmenge von R, und damit insbs. A ∈ P(R), also Element der Potenzmenge von R.

Sei ξA(x) die Indikatorfunktion der Menge A, d.h. wenn x ∈ A, dann ξA(x) = 1, sonst 0.

Damit ist ξA ∈ X ⊂ F.

Außerdem sind alle diese Funktionen ξA verschieden, d.h. wenn A ≠ B, dann und nur dann ξA ≠ ξB.

Damit liegt eine bijektive Abbildung von P(R) auf die Menge der Indikatorfunktionen X ⊂ F vor, und damit ist |P(R)| = |X| ≤ |F|.

Damit ist |P(R)| eine untere Schranke von |F|.
Hallo Tom,

ich erlaube mir einen fullquote, weil es so schön ist.

Trotzdem eine Frage: ich dachte, das folgt schon aus der erweiterten Kontinuumshypothese. Natürlich ist es viel schöner, das direkt zu beweisen statt die erweiterte Kontinuumshypothese zu bemühen.


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Re: Überabzählbarkeit von IR über IN (oder gleichwertig: über IQ)

Beitrag von tomS » 7. Mai 2020, 10:48

Nee, das funktioniert ohne die Kontinuumshypothese.

Zunächst mal habe ich ja nur eine untere Schranke |P(R)| = |X| ≤ |F| abgeleitet.

Ziel ist aber z.z. dass |P(R)| = |F| gilt; dazu benötigt man noch eine obere Schranke|F| ≤ |P(R)|. Das funktioniert normalerweise immer mit dem Wechselspiel injektiver / subjektiver Funktionen und damit letztlich |P(R)| ≤ |F| und |F| ≤ |P(R)|, also |F| = |P(R)|.

Die erweiterte Kontinuumshypothese benötigt man nicht. Mittels dieser wäre z.z. dass |P(R)| die unmittelbar auf |R| folgende Mächtigkeit ist, aber das ist ja nicht gefragt.
Gruß
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Re: Überabzählbarkeit von IR über IN (oder gleichwertig: über IQ)

Beitrag von ralfkannenberg » 7. Mai 2020, 12:50

tomS hat geschrieben:
7. Mai 2020, 10:48
Die erweiterte Kontinuumshypothese benötigt man nicht. Mittels dieser wäre z.z. dass |P(R)| die unmittelbar auf |R| folgende Mächtigkeit ist, aber das ist ja nicht gefragt.
Hallo Tom,

stimmt, das habe ich übersehen, dass wir hier nicht daran interessiert sind, ob P(X) genau eine Mächtigkeit höher ist als X.


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Re: Überabzählbarkeit von IR über IN (oder gleichwertig: über IQ)

Beitrag von tomS » 7. Mai 2020, 13:13

Also nachdem wir jetzt die untere Schranke haben, brauchen wir noch die obere. Da muss ich nochmal nachdenken.
Gruß
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